Fastenserie (5) – Die Messe als Quelle und Höhepunkt unseres Lebens
In der Liebe zu Jesus wachsen durch eine vertiefte Mitfeier der Eucharistie – Praktische Tipps für eine tätige Teilnahme am Gottesdienst – Teil 5
Der Wortgottesdienst – Wer hört, wird reich beschenkt
Nach dem Bußakt und ggf. dem Gloria folgt nun in der Heiligen Messe der Wortgottesdienst, wo wir im Hinblick auf die tätige Teilnahme wieder ganz besonders gefordert sind. Vielleicht überrascht euch diese Aussage, da man gemeinhin vielleicht eher den Eindruck hat, nur der Lektor, der die Lesung und der Priester oder Diakon, die das Evangelium vortragen, hätten etwas zu tun, doch dieser Eindruck täuscht. Das, wonach viele Menschen Sehnsucht haben, dass nämlich Gott mit (zu) ihnen spricht, geschieht genau in diesem Teil der Heiligen Messe. Doch der Reihe nach:
Am Beginn des Wortgottesdienstes steht das so genannte Tagesgebet, das sozusagen den Leitgedanken des Festgeheimnisses an Feiertagen, des Sonntags oder der Werktagslesungen (Messe) zusammenfasst. Es leitet über zur Lesung, die meistens aus dem alten, in der Osterzeit aus dem neuen Testament entnommen ist. An Sonn- und Feiertagen sind üblicherweise sowohl eine alttestamentliche als auch eine neutestamentliche Lesung vorgesehen. Während der Lesung sitzen wir und hören aufmerksam zu.
Aus unserem Alltag wissen wir, dass es Menschen gibt, die besonders gut zuhören können. Den guten Zuhörer erkennt man daran, dass er wirklich aktiv mitdenkt und mitfühlt und seinem Gesprächspartner seine ungeteilte Aufmerksamkeit gibt. Wenn wir die Lesung(en) hören, sollen auch wir auf diese Art zuhören, ja es kommt sogar noch ein Aspekt dazu: Wir sollen uns fragen oder noch besser den Heiligen Geist bitten, uns zu zeigen, was Gott uns mit dem gerade gehörten Schriftwort heute sagen will. Und das ist durchaus unmittelbar gemeint, denn die Heilige Schrift ist das offenbarte und überlieferte Wort Gottes. Im Gegensatz zum Islam, der den Koran als wörtlich von einem Engel diktierten Text versteht, spricht der Katechismus davon, dass die Bibeltexte inspiriert sind, das heißt, die verschiedenen Verfasser haben in ihrer je persönlichen Eigenart das von Gottes Geist geoffenbarte niedergeschrieben.
Gott ist ewig und so ist es auch Sein Wort. Er hat allen Menschen zu allen Zeiten etwas zu sagen. Für die Lesungen und ebenso für das vorgetragene Evangelium gilt: Wer hören kann, der höre, was ja eigentlich bedeutet: Wer hören WILL, der höre. Es hängt also von uns ab, ob das Wort Gottes wie im Gleichnis in die Dornen fällt oder auf fruchtbaren Boden. Wer mit seinen Ohren sein Herz öffnet, der kann auch in oft gehörten Schriftworten immer wieder etwas Neues, Lehrreiches, Ermutigendes, Ermahnendes, kurz etwas Nützliches für sein Leben mitnehmen.
Nach der Lesung kommt überlicherweise ein Psalm, der manchmal durch ein Lied ersetzt wird. Vor dem Evangelium erklingt üblicherweise der Halleluja-Ruf in Verbindung mit einem Psalmwort. In der Fastenzeit beten oder singen wir: Lob dir Christus, König und Erlöser. Dabei erheben wir uns schon, um dann stehend das Evangelium zu vernehmen. Die Evangelien gehören zu den am besten überlieferten Texten aus der Antike. Im Gegensatz zu vielen historischen Texten wurden die Evangelien schon sehr früh nach den in ihnen geschilderten Ereignissen, teilweise bereits zu Lebzeiten der Apostel niedergeschrieben. Darüber hinaus ist durch die berühmt gewordenen Funde in den Höhlen von Qumran, wo vor rund 70 Jahren unzählige aus dem 1. Jahrhundert nach Christus stammende Schriftrollen und Schriftfragmente (darunter Jesaja und Teile der 5 Bücher Mose und andere) in Tontöpfen gefunden wurden, nachgewiesen, dass die gefundenen Texte über die vergangenen 2000 Jahre von der Kirche unverfälscht überliefert worden sind.
Die Evangelien sind für uns Christen die zentralen Schrifttexte, in denen wir über das Leben und Wirken Jesu, über seine Lehre und über seinen Tod und seine Auferstehung hören. Sie sind von ungebrochener Aktualität und enthalten die Quintessenz unseres Glaubens. Das drückt auch der Kuss des Evangeliars durch den Priester oder Diakon aus. ER ist im Wort gegenwärtig. Es ist die Frohbotschaft unseres Herrn, Jesus Christus. Die Ministranten, die als Leuchter das Evangelium begleiten, der Weihrauch, der vor dem Vorlesen geschwenkt wird, all diese sinnlichen Zeichen helfen uns, mit allen Sinnen zu erkennen, jetzt geht es um etwas Heiliges, um das Wort des Heiligen, das in unser Leben hereinleuchtet und es erhellt.
Wenn wir uns dessen bewusst sind, dass wir das Privileg haben, das Wort Gottes zu hören, dass uns damit wirklich eine geistige Nahrung gegeben ist, wie auch das Wort Jesu bestätigt: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Seinem (Gottes) Mund kommt!, dann wird auch ganz selbstverständlich klar, dass die Texte der Heiligen Schrift in der Liturgie niemals durch andere, zB literarische Texte ersetzt werden können. Selbst die fesselndste Geschichte oder das ergreifendste Gedicht ist eben nur Menschenwort und kann uns niemals das geben, was uns Gottes Wort gibt.
Selbst motivierten und aufmerksamen Zuhörern kann es jedoch manchmal passieren, dass sie das Gefühl haben, eine vorgelesene Schriftstelle, nicht ganz zu verstehen. Wie kann man damit umgehen? Wenn Sie eine Bibelstelle nicht verstehen, sollen Sie nicht gleich dem Text die Schuld geben, sondern daran denken, dass es auch an Ihnen liegen könnte, wie ein Professor einmal pointiert sagte.
Manchmal hilft es, eine Bibelstelle zuhause noch einmal im Zusammenhang mit den Versen oder dem Kapitel davor oder danach zu lesen. Manches kann dadurch klarer werden. Ein weiterer Zugang kann sein, dass man sich denkt, dass man es einfach NOCH nicht versteht, dass also mit einem geistlichen Wachstum oder mit einer Unterweisung, wie sie vielleicht ohnehin in der Predigt erfolgt, das Verständnis noch kommen kann. Manches kann man auch einfach so stehen lassen bis sich zu einem späteren Zeitpunkt, wo einen das Gesagte vielleicht unmittelbar betrifft und man wieder darandenkt, der Sinn erschließt. Es wäre auch sehr empfehlenswert zuhause in der Heiligen Schrift zu lesen, zB das Sonntagsevangelium schon am Vorabend durchzulesen. Ihr kennt vielleicht das Phänomen, dass Kinder sich oft wünschen, dieselbe Geschichte immer und immer vorgelesen zu bekommen. Der Sinn, der Kern, das Wesen der Geschichte, aber auch die Details, die Nuancen, all das wird immer besser erfasst. So kann und soll es uns auch mit der Heiligen Schrift gehen. Je vertrauter uns das Wort Gottes wird, umso besser können wir es verstehen und in unser eigenes Leben umsetzen.
Dabei sind wir jedoch glücklicherweise nicht alleingelassen, sondern die Predigt kann uns helfen, das Gehörte zu vertiefen, Zusammenhänge zu erfassen, Hintergrundinformationen zu erhalten und es in unser Leben zu übersetzen. Dazu im nächsten Teil der Serie mehr.
Ihr merkt also, dass wir als Zuhörer während des Wortgottesdienstes vollauf gefordert sind. Bitten wir den Herrn um ein hörendes Herz, damit wir durch Sein Wort reich beschenkt werden.
Bettina Rahm