Die Ausbreitung der Herz Jesu Verehrung in Tirol
Der Heilige Petrus Canisius (1521-1597) gilt nach dem Heiligen Bonifatius als zweiter Apostel des deutschsprachigen Raumes. In der schwierigen Zeit der Gegenreformation trat er für die systematische Erneuerung des katholischen Glaubens ein und setzte dabei besondere Akzente in der Herz Jesu Verehrung. Er selbst war ein großer Herz-Jesu-Verehrer.
Die Wurzel seiner Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu liegt in einer Vision, die ihm anlässlich der Ablegung seiner Professgelübde in Rom 1549 zuteil wurde. Er durfte gleichsam in das Innerste des Herzens Jesu schauen, aus dem sich Ströme des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe auf ihn ergossen und das sehnende Verlangen des Heiligen nach dem Herrn gestillt wurde. Dieses Erlebnis stattete den Heiligen nach eigenen Worten mit Frieden, Liebe und Beharrlichkeit und dem notwendigen Vertrauen aus, dass ihm nichts fehlen werde und sein Tun sich zur Verherrlichung Gottes wenden werde.
Ansätze der Herz-Jesu-Verehrung sind jedoch bereits aus der Zeit Walther von der Vogelweides (um 1220) in Tirol bezeugt. Auch Bildzeugnisse aus dem 15. Jahrhundert belegen eine bereits vorhandene Herz-Jesu-Verehrung, die durch das neunjährige Wirken Petrus Canisius‘ einen deutlichen Aufschwung nahm. Auch Frauen hatten einen entscheidenden Anteil an der Ausbreitung einer Herz-Jesu-Frömmigkeit, darunter die aus Rovereto stammende Ordensfrau Johanna vom Kreuz, deren einflussreiche Schriften im ganzen Land bekannt waren. In Innsbruck waren es vor allem die Ursulinen, die unter anderem mit der Gründung einer Herz-Jesu-Bruderschaft diese Spiritualität verbreiteten.
Den größten Auftrieb für die Herz-Jesu-Frömmigkeit gab es allerdings durch die Volksmissionen im 18. Jahrhundert. Initiiert vom Brixner Fürstbischof Kaspar Ignaz von Künigl fand zwischen 1719 und 1784 die sogenannte „Ständige Tirolische Jesuitenmission“ statt. Während dieser Zeit wurden alle Pfarren des Landes Tirol wiederholt von den Jesuiten besucht und die Gläubigen im Glauben unterwiesen, über die Gebote aufgeklärt, von einem schlechten Lebenswandel abgebracht und es wurden ihnen verschiedene Tugenden, besonders die Gottesfurcht nahe gebracht. Die Missionare blieben durchschnittlich eine Woche pro Pfarre, standen um vier Uhr früh auf und lehrten und unterwiesen die Menschen bis zum Abend. Es gab Heilige Messen, Predigten, Andachten, Hausbesuche, Beichtgelegenheit. Die Menschen wurden besonders zu Sonntagsheiligung ermahnt und zur Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu ermutigt. Die Missionare lehrten dabei nur, woran sie selbst zutiefst glaubten und berichteten von Bekehrungen und Lebensbeichten nach inständigem Gebet zum milden Herzen Jesu. Die Andacht zum göttlichen Herzen Jesu habe am meisten zur Erweichung der verhärtetsten Herzen beigetragen, schreiben die Missionare in ihren Aufzeichnungen.
Schon vor und während der Zeit der Volksmissionen fanden auch Darstellungen des Heiligsten Herzens Jesu immer mehr Verbreitung. In vielen Kirchen, aber auch Privathäusern wurde und wird seit dem das Heiligste Herz Jesu verehrt.
Die Jesuitenmission des 18. Jahrhunderts veränderte Tirol nachhaltig. Sie bewirkte eine echte sittlich-religiöse Erneuerung und das Wort vom „Heiligen Land Tirol“ fand sich in dieser Zeit bestätigt. Neben dem regelmäßigen Sakramentenempfang, der Förderung des Rosenkranzes, der Kreuzwegandacht und der Vertiefung der Marienverehrung, war zweifellos die tief in die Bevölkerung eingedrungene Herz-Jesu-Frömmigkeit eine der schönsten Früchte des jahrelangen Einsatzes der Jesuiten in Tirol. Von dem damals grundgelegten Glaubensschatz zehrt unser Land zum Teil bis heute. Auch heute könnte eine vertiefte Herz-Jesu-Verehrung eine echte Glaubenserneuerung für den einzelnen, die Pfarren und unser ganzes Land bewirken.