Wort des Tages – Die Ohnmacht aushalten

Wort des Tages – Die Ohnmacht aushalten

In der heutigen Lesung haben wir gehört, wie der Prophet Elia vor der Königen Esebel in die Wüste flieht und dann neben einem Ginsterstrauch einschläft. Der Prophet ist ohnmächtig. Er hat alles getan, er ist machtvoll aufgetreten, er hatte großen Erfolg, und doch ist er jetzt scheinbar allein übriggeblieben, die Königin trachtet ihm nach dem Leben, die Israeliten sind abtrünnig geworden und verehren den Fruchtbarkeitsgott Baal. Jetzt kommen die große Ohnmacht, Zweifel und Müdigkeit. Der Prophet schläft, neben ihm liegt gebackenes Brot und ein Krug Wasser.

Bei dieser Stelle wird mir eine Befindlichkeit besonders bewusst, die in jedem Menschenleben irgendwann zutrifft, in unserer zunehmend gegenwärtig ist und mit besonderer Wucht auf uns zuzukommen scheint, die Ohnmacht.

Verschiedene Formen der Ohnmacht im Leben

Ich habe mich früher nicht leicht getan bei Krankenbesuchen, wenn man sieht, dass jemand leidet und man aber nicht wirklich helfen kann. Mit der Zeit ist es mir etwas leichter gefallen, aber es ist immer noch eine große Herausforderung. Irgendwie kann man schon helfen, eben allein durch das Dasein. Ich denke an viele Menschen, die heute mehr und mehr ohnmächtig sind. Eltern in der Erziehung ihrer Kinder, Menschen in der Wirtschaft, die unter den Folgen der Lockdowns leiden oder plötzlich wieder vor einem Lockdown stehen. Es gibt immer mehr Situationen, wo sich Menschen den Umständen, willkürlichen Veränderungen und dergleichen hilflos ausgesetzt fühlen.

Es gibt viele verschiedene Arten von Ohnmachten. Solche, in die man sich selbst durch eigene Schuld hineinmanövriert hat, Ohnmacht durch Ereignisse wie Naturkatastrophen, dann auch die Ohnmacht gegenüber der Macht des Bösen.

Ein Fürsprecher der Ohnmacht

Bei der Sanierung der Pfarrkirche haben wir ein Portrait und eine Reliquie von Kaiser Karl in die Kirche gegeben. Die Idee ist mir gekommen, weil ich einmal ein Symposium über sein Wirken besucht habe, bei der Seligsprechung dabei war und mir eine pensionierte Religionslehrerin aus Salzburg einmal eindringlich geschrieben hat, dass wir besonders auf die Fürsprache des Seligen Kaisers setzen sollten. Mein Doktorvater sagte einmal: „Dass es uns in Österreich, den Umständen entsprechend immer noch relativ gut geht, verdanken wir sicher dem seligen Kaiser Karl.“

Für mich ist der Selige Kaiser Karl vor allem ein Patron für die Ohnmacht, besonders für die Ohnmacht, auf die wir zugehen werden. Er kann uns helfen, damit umzugehen. Der Selige Karl wurde Kaiser, als der Erste Weltkrieg tobte, ein Krieg, den er nie gewollt hat, an dessen Entstehung er überhaupt keine Schuld hatte und für den er jetzt die volle Verantwortung zu tragen hatte. Kaiser Karl war der einzige der am Krieg beteiligten Monarchen, der selbst Fronterfahrung hatte und wusste, wie grausam der Krieg ist, er war der einzige Monarch, der wirklich und mit ganzem Einsatz für einen Frieden kämpfte. Aber er wurde hintergangen, er wurde von der deutschen Heeresleitung nicht unterstützt usw. Er fühlte sich voll verantwortlich, tat mit letzter Hingabe alles, was er konnte, trotzdem kam alles so, wie es kam, er verlor alles, aber er lief nicht davon. Im Exil hat er dann sein ganzes Leiden, auch seine Ohnmacht für seine Völker aufgeopfert. Genau darin ist er dem Herrn, dem er täglich in der Eucharistie begegnet ist, ähnlich, und eben selig geworden.

Vorbereitung auf künftige Ohnmachten

Ich glaube, dass wir jetzt vor sehr schwierigen Entwicklungen stehen. Wirtschaftlich, sozial, kulturell, religiös. Die Natur rebelliert, was sicher ein Spiegel der geistigen Situation ist, die Geldentwertung schreitet voran, die Versorgung mit wichtigen Dingen weist immer größere Lücken auf, die politische Polarisierung und die Kriegsgefahr nimmt zu, die Toleranzschwelle sinkt bei vielen Leuten, die Zermürbung von Menschen schreitet voran. Wir müssen damit rechnen, dass Zustände kommen, wo wir viel mehr als vorher eine Ohnmacht erleben werden. Der Handlungs- und Gestaltungsspielraum wird kleiner werden und in Vielem werden wir vielleicht nur eines können: Die Ohnmacht aushalten, durch die Ohnmacht durchschreiten.

Wie können wir uns im Blick auf die Zukunft auf mögliche Ohnmachtssituationen vorbereiten?

Entscheidend ist wohl, dass wir jetzt lernen, Dinge, Veränderungen, auf die wir keinen Einfluss haben, anzunehmen, auch im ganz Kleinen. Jetzt sollen wir lernen Rücksicht zu nehmen, jetzt lernen, zu verzichten, jetzt lernen, zu gehorchen. Die wichtigste Vorbereitung ist die Einübung in die Demut, die Erkenntnis, dass wir Geschöpfe Gottes und als solche ganz abhängig sind. Wichtig ist auch die Dankbarkeit. Wer dankbar ist für alles, wer alles als Geschenk betrachtet, der kann gelassen durch Krisensituationen gehen.

Eine gute Vorbereitung ist es, wenn wir alle Schwierigkeiten und Hindernisse, die uns begegnen, wie eine geschenkte Möglichkeit für ein Training für später betrachten.

Alle diese Haltungen haben einen wirklichen Grund, eine lebendige Verbindung mit dem persönlichen Gott. Er allein trägt uns schon jetzt, auch wenn wir es nicht einmal wissen oder es uns nicht bewusst ist. Er kann uns in allen Situationen tragen. Wenn wir uns mit ihm verbinden, dann brauchen wir nichts fürchten und können alle Situationen durchschreiten.

Die Menschheit gleicht heute immer mehr dem erschöpften Elia, der schläft und neben ihm steht die Stärkung bereit, das Brot des Lebens und der Krug mit Wasser, auch ein Bild für die Eucharistie und die Taufe. Viele Christen verdursten neben der Quelle. Wir mühen uns ab und gehen bis an den Rand der Erschöpfung und sehen nicht, dass die Stärkung direkt neben uns dasteht. Lassen wir uns vom Engel wecken! Lassen wir uns vom Herrn stärken!!