Wort des Tages – Suchet zuerst Gottes Reich
Liebe Gläubige! Lieber Leser der Pfarrhomepage!
Mit dem ersten Adventsonntag sind wir wieder in ein neues Kirchenjahr eingetreten. Die Lesungen im Advent mahnen uns, vorbereitet zu sein, wach-sam zu sein, ja, den Herrn selbst in unser Inneres, in unser Denken, in unsere Lebensgestaltung, in unser Sein zu lassen.
Am Adventbeginn beschäftigen uns vielleicht zwei Fragen. Was wird kommen und wonach sehnen wir uns, was streben wir an?
Viele Menschen beschäftigt die erste Frage. Was wird kommen? Wie wird es weitergehen? Wird die Wintersaison stattfinden? Werde ich meinen Arbeitsplatz behalten? Werde ich gesund bleiben? Werden wir noch mehr Freiheiten verlieren? Wird der Wohlstand, werden viele bisherige Selbstverständlichenkeiten bleiben? Auf diese Fragen gibt es zumeist keine klaren Antworten. Man kann optimistisch, pessimistisch oder realistisch denken.
Die tiefste Sehnsucht im Menschen
Vielleicht ist es gerade da wichtig, die zweite Frage in den Vordergund zu rücken. Wonach sehen wir uns, was streben wir an? Der Advent lenkt unseren Blick in die Höhe. Er erinnert uns daran, dass wir Menschen uns selbst nicht genügen. Wir tragen in uns eine Sehnsucht, die weder ein anderer Mensch, noch eine tolle Karriere, noch irgendein Hobby oder ein weltlicher Erfolg stillen kann. Nur Gott kann diese Sehnsucht erfüllen. ER ist vor 2000 Jahren in der Welt angekommen und Mensch geworden. ER will auch in unseren Herzen ankommen. Die Grundfrage ist, ob wir diese tiefere Sehnsucht in uns erkennen und uns auf IHN, auf Sein Kommen ausrichten, oder ob wir versuchen, diese Sehnsucht in menschlichen, vergänglichen Dingen zu stillen. Adventlich wachsam sein heißt daher vor allem, die Aufmerksamkeit auf Gott richten, empfänglich werden für seinen Willen und fähig zu werden, den Ablenkungen und Versuchungen zu widerstehen.
Wenn der Mensch glaubt sich selbst zu genügen, dann begibt er sich in eine freiwillige Selbstquarantäne, er ist dann in sich gefangen. Christsein bedeutet jedoch, den neuen Weg gehen, den Weg zu Gott, der frei macht. Der Mensch wird fei, wenn er aus sich herausgeht, das Gute und Wahre erkennt und anstrebt, wenn er sich mit Gott verbindet. Diesen Weg gehen bedeutet auch, innere Haltungen, gute Gewohnheiten, das heißt Tugenden in sich entfalten.
Tugenden machen den Menschen frei
In unserer Pfarrkirche sind im Bogen oberhalb des Marienaltares die drei göttlichen Tugenden personifiziert abgebildet, Glaube, Hoffnung und Liebe. Der Glaube befreit uns von der inneren Leere. Er führt uns hinaus in die größere Weite Gottes, die die Sehnsucht des Menschen stillen kann. Die Hoffnung befreit uns von der Vermessenheit (Stolz) oder von der Verzweiflung. Sie gibt uns gerade in Zeiten wie diesen die innere Stärke, trotz aller menschlichen Schwächen und Begrenztheiten und trotz aller Widrigkeiten im Leben mit Festigkeit im Glauben zu verharren. Die Liebe befreit uns vom Abkapseln im Ich. Sie sprengt alle Grenzen und gibt uns schon jetzt einen Vorgeschmack auf den Himmel.
Oberhalb des Magdalenenaltares, in dem sich auch die Reliquien des Seligen Kaiser Karl befinden, sind die vier Kardinaltugenden auch wieder personifiziert dargestellt, die Klugheit, die Gerechtigkeit, die Tapferkeit und das Maß. Diese natürlichen Tugenden sind gewissermaßen der Boden, auf dem die göttlichen Tugenden wachsen und sich erheben können.
Gerade heute ist es wichtig, die Tugend der Klugheit zu entfalten. Klug sein heißt, die Wirklichkeit realistisch einzuschätzen, das Wichtige von weniger Wichtigem zu unterscheiden, klare Prioritäten zu setzen, zum richtigen Zeitpunkt das Richtige zu wählen, in allem die Verhältnismäßigkeit zu beachten und bei allem zu bedenken, wie ausgehen wird.
Gerecht sein heißt, das Recht Gottes, die Rechte anderer (Eltern, Partner, Kinder, Untergeben) zu beachten, und dem anderen im Sinne von “jedem das Seine und nicht jedem das Gleiche” das zu geben, was ihm zusteht.
Die Tapferkeit meint die innere Stärke, für die eigene Überzeugung einzutreten, bereit zu sein, für das Gute und Wahre auch Nachteile in Kauf zu nehmen.
Das Maß bedeutet, sich selbst zu beherrschen. Wer sich selbst beherrscht, wer der Herr seiner Leidenschaften ist, wird fähig zur Hingabe, zur Liebe. Wer sich selbst besitzt, kann sich selbst verschenken.
Suchet zuerst das Reich Gottes, alles andere wird Euch dazugegeben
Das Wort Advent bedeutet Ankunft und hat eine dreifache Bedeutung. ER kam, ER kommt und ER wird widerkommen.
– ER, Christus, kam vor mehr als 2000 Jahren als Sohn Gottes und Erlöser auf die Welt.
– ER kommt in dieser Zeit verborgen zu uns, wenn wir IHN in unsere Leben hereinlassen. Er kommt, wenn wir unsere Sehnsucht nach ihm ausrichten, wenn wir beten, wenn wir uns durch die Hoffnung nach IHM ausstrecken, er ist da bei der Anbetung, er kommt besonders in jeder Heiligen Messe.
– ER wird wiederkommen am Ende der Zeit. Dann wird ER unsere tiefste Sehnsucht ganz erfüllen. Dieses Ziel wirklich vor Augen, kann uns jetzt schon mit einer adventlichen Vorfreude erfüllen.
Jesus hat gesagt: „Suchet zuerst das Reich Gottes, alles andere wird euch dazugegeben!
Damit sagt er uns: Der wahre christliche Glaube ist keine Vertröstung auf das Jenseits, keine Flucht aus Wirklichkeit der Welt, sondern genau das Gegenteil. Wer zuerst das Reich Gottes sucht, wird wach für Gott, für seine eigene Berufung, für das, was die Welt wirklich braucht. Wer zuerst das Reich Gottes sucht, wird frei von vielen Zwängen und vielen Verlustängsten. Wer zuerst das Reich Gottes sucht, wird stark im Glauben und bekommt schon jetzt eine Freude am Herrn, die viele gute Kräfte im Menschen weckt.
Wenn der Mensch Gott auf die Seite stellt, verliert er den Blick für die Realität und das richtige Maß für sein Handeln. Er verfehlt genau das, was er anstrebt, das Glück. Wenn der Mensch zuerst das Reich Gottes sucht, wird ihm alles andere dazugeben.
Liebe Gläubige! Kehrt um! Setzt Gott an die erste Stelle! Entfaltet die göttlichen Tugenden und die Kardinaltugenden! Die Kirche gibt euch viele Mittel dazu! Lest in der Heiligen Schrift, beschäftigt auch mit Heiligen, empfangt das Sakrament der Buße, betet auch zu Hause und auch gemeinsam, kommt zur Anbetung!
Für Beichte und persönliche Aussprache bin ich immer da! Jeder, egal ob er bisher regelmäßig zum Gottesdienst und zur Beichte gegangen ist oder nicht, ist herzlich willkommen.
Ich wünsche mir und Euch einen gesegneten Advent. ER kam, ER komme zu Dir in Dein Herz, ER komme in unsere Familien, in unsere Pfarren und ER wird wiederkommen!
Euer Dekan
Ignaz Steinwender