Wort des Tages – Lockdown der Kirche
Liebe Gläubige! Liebe Leser der Pfarrhomepage!
Heute Nacht habe ich schlecht geschlafen. Ich habe nachgedacht über den Lockdown, über das „Mitziehen der Kirche“ beim Lockdown. Ich habe für mich zunächst noch keine Lösung gefunden, wie ich mit den neuen Vorschriften der Oberhirten umgehen soll. So eine Unklarheit ist mir noch nie in meinem Leben passiert! Dann habe ich in der Früh das Tagesevangelium gelesen und mich gefragt: Was sagt uns Gott mit diesem Wort heute? Da sind mir einige Gedanken gekommen, die möchte ich Euch jetzt weitergeben.
Das Gleichnis von den Talenten bzw. dem Geld
Im heutigen Evangelium erzählt Jesus den Menschen, die schon das Reich Gottes kommen sehen, das Gleichnis von einem vornehmen Mann, der verreist, um die Königswürde zu erlangen. Er verteilte unter zehn Dienern Geld im Wert von zehn Minen, damit sie bis zu seiner Wiederkunft damit wirtschafteten.
Als er zurückkam, ließ er die Diener zu sich rufen. Ein Diener hatte mit einer Mine zehn weitere erwirtschaftet, ein anderer fünf. Der Herr lobte diese tüchtigen Diener und beschenkte sie mit der Herrschaft über fünf bzw. zehn Städte. Ein anderer Diener hatte das Geld in ein Tuch eingebunden und aufbewahrt, weil er Angst vor dem strengen Herrn hatte. Der Herr nahm ihm das Geld und gab es dem, der zehn Minen hatte und sagte: „Wer hat, dem wird dazugegeben, wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat“.
Worin liegt nun der Unterschied zwischen den tüchtigen Dienern und dem schlechten Diener? Es ist der Unterschied zwischen Furcht und Angst! Die tüchtigen Diener handeln aus Furcht vor dem Herrn. Diese Furcht ist in der Liebe verankert. Sie lieben den Herrn, sie achten ihn, sie fürchten daher, den Geliebten zu enttäuschen. Diese aus Liebe kommende Achtung weckt in ihnen alle Kräfte zum Wirtschaften mit dem Geld und bewirkt in ihnen eine Vorfreude auf die Wiederkunft des Herrn. Der schlechte Diener hat Angst vor dem Herrn. Er hat keine persönliche, liebende Beziehung zu ihm, er hat nur sich selbst im Auge. Er versteckt das Geld und damit blendet er auch den Herrn aus seinem Bewusstsein aus. Er freut sich nicht auf seine Wiederkunft, sondern er verdrängt seine Existenz. Auf ihn trifft das zu, was in der Apokalypse über den Zustand der Menschheit gesagt wird: „Die Liebe ist erkaltet“, oder was Jesus im letzten Sonntagsevangelium gesagt hat: „Wird der Menschensohn noch Glauben vorfinden, wenn er wiederkommt?“ Wo der Glaube schwindet und die Liebe erkaltet, tritt an die Stelle der heilsamen Gottesfrucht die bloße Angst.
Verordneter Lockdown aus Angst
Wenn wir gegenwärtige Vorgänge betrachten, dann fällt es einem beim Nachdenken über das heutige Evangelium wohl nicht schwer, gleich an den sogenannten Lockdown zu denken. Der Lockdown, der gegenwärtig läuft, entspricht irgendwie dem anderen Diener, der das Geld nicht auf die Bank gebracht und nicht vermehrt, sondern eingebunden und aufbewahrt hat, allerdings mit zwei Unterschieden.
Der erste Unterschied: Das Nichtwirtschaften, in einem anderen Gleichnis als Vergraben des Talentes beschrieben, wird heute von oben verordnet. Die Lehrer dürfen mit ihrem Talent nicht mehr oder nur eingeschränkt wirtschaften (unterrichten), viele Geschäfte dürfen nicht mehr aufsperren, Betriebe werden gezwungen, zu schließen, und das Allerschlimmste, die Pfarrer dürfen keine öffentlichen Gottesdienste feiern. Geschieht das alles aus Angst? Riskiert man nicht ein Vielfaches an Folgen?
Der zweite Unterschied ist der, dass es beim Lockdown nicht nur um ein Nichtwirtschaften (das heißt eine Beibehaltung des status quo) handelt, sondern um ein regelrechtes Herunterfahren. Es ist ein Frontalangriff auf das, was in Jahrzehnten von unseren Vorfahren unter vielen Opfern aufgebaut wurde, es ist – verzeiht mir diesen Ausdruck – die größte Sünde gegen das vierte Gebot, das Erbe der Väter und damit die Vorfahren nicht zu beachten.
Jesus sagt, wer nicht hat, dem wird auch noch das weggenommen, was er hat. Ist nicht genau dies derzeit im Gange? Es wird uns vieles weggenommen, das wir nicht mehr so richtig hatten. Wir haben das, was wir äußerlich noch haben, vielleicht in vielem nicht mehr wirklich geschätzt. Wir wollten zwar immer noch mehr, aber innerlich haben wir es nicht mehr besessen. Es fehlte die Dankbarkeit, es fehlte die Zufriedenheit, es fehlte das Maß, es fehlte vieles. Und wer kann die möglichen Folgen des Lockdowns absehen? Inflation, Bankenkrach, Wirtschaftskrise, Kollaps des Gesundheitssystems, das wir uns dann nicht mehr leisten werden können, Not und sogar Krieg – wer weiß? Womöglich könnte uns alles genommen werden.
Kirchlich verordneter Lockdown?
Am Samstag gab es eine große Schlagzeile in den Medien. Die Kirche, gemeint die katholische Kirche, zieht mit dem Lockdown mit! Was heißt dies konkret? Nach der neuen Rahmenordnung der Bischofskonferenz, die nun herauskam, werden Taufen, Hochzeiten etc. ausgesetzt. Keine öffentlichen Messen, nur „nicht öffentliche“ mit höchstens zehn Personen etc.
Nun frage ich mich: Wer hat das Recht, eine Taufe zu verweigern, ein heilsnotwendiges Sakrament? Niemand, weder die Priester, noch die Bischöfe, und auch der Papst nicht! Ist jemand gefährdet, wenn man eine einfache Taufe spendet, mit Eltern und Paten? Kann man das verbieten? Warum setzt man die Taufen aus? Wir haben am Montag das Begräbnis des Herrn Altpfarrers Paul Öttl gefeiert, der 61 Jahre in unserer Pfarre als Seelsorger gewirkt hat. Es waren knapp 100 Gläubige da. Die Abstände waren zum überwiegenden Teil viel größer als die von den Bischöfen vorgeschriebenen 1,5 Meter (staatlich gelten ohnehin nur ein Meter). Ich bin mir sicher, dass niemand dabei gefährdet wurde. Warum dürfen jetzt nur mehr zehn Leute in einer so riesigen Kirche wie unserer Pfarrkirche bei der Messe sein? Warum muss die Tür bei einer Messe zugesperrt werden? Welches Zeichen geben wir, wenn wir die Gläubigen sichtbar aussperren? Und bei einem Begräbnis dürfen dann doch wieder fünfzig Personen zur Messe kommen? Ist das Virus bei einem Begräbnis weniger aktiv? Wenn Leute tagsüber in die Kirche kommen, um zu beten, dann gibt es keine Personenbegrenzungen, es könnten also z. B. 40 Leute in der Kirche sein und dort beten. Wenn jedoch dann ein Priester einzieht, um die Messe zu feiern, dann müssten 30 davon sofort die Kirche verlassen, denn zur Messfeier dürfen nur zehn sein. Und wir Priester haben immer gepredigt: Die Messe ist der Gipfel und die Quelle allen Tuns der Kirche. Warum muss die Messe jetzt nichtöffentlich sein? Niemand kann verstehen, warum dies alles für eine angebliche Sicherheit erforderlich sein sollte?
Ist das ein Beitrag der Kirche für die Volksgesundheit, wie ein Bischof in Bezug auf den ersten Lockdown in einer Predigt meinte? Der Verzicht auf Heilmittel!? Wozu trägt die Kirche da bei? Etwa zur Förderung der Angstmache, zur Bestärkung der Regierung im unverhältnismäßigem Lockdown, zur Abschaffung demokratischer Freiheiten, zur Eliminierung der Religionsfreiheit, zur eigenen Selbstabschaffung? Und die noch gravierendere Frage lautet: Warum das Ganze?
Erzbischof Lackner hat als Vorsitzender der Bischofskonferenz stellvertretend für alle Bischöfe und Priester mit Kanzler Kurz gesprochen und laut Medienberichten freiwillig (das Verhältnis zwischen Kirche und Staat ist nämlich genau geregelt und der Staat kann innerkirchlich nichts gesetzlich erzwingen) eine Aussetzung der öffentlichen Gottesdienste zugesagt. Hatte die Kirche Angst vor antikirchlicher oder von Neid geprägter Propaganda über angebliche Privilegien der Kirche? Glaubt sie, wenn sie das Heiligste opfert und damit die Treuen in den eigenen Reihen vor den Kopf stößt und die Haltsuchenden in dieser Krise allein lässt, das Lob jener zu erhalten, die sie ohnehin verachten? Hat die Kirche im Bemühen, alles dem Ziel einer ewigen Gesundheit unterzuordnen, etwa ihr Kernanliegen, nämlich das Seelenheil der Menschen, das ewige Leben bei Gott vergessen?
Jetzt muss ich ganz entschieden widersprechen. Nein, nicht die Kirche trägt dazu bei, dieser Beitrag wird verordnet und dafür wird Gehorsam verlangt! Ist das nicht ein geistlichen Mißbrauch, Klerikalismus pur? Und es gibt natürlich Viele, die das alles gutheißen, vielleicht weil sie sich selbst ängstigen und erwarten, dass deshalb auch alle, die sich nicht fürchten auf das verzichten müssen sollen, worauf sie freiwillig verzichten! Und es gibt Denunzianten, die nur darauf warten, dass ein Priester diese Anordnungen nicht auf Punkt und Beistrich befolgt um denjenigen– ich denke an das vielsagende Wort von Papst Benedikt XVI.- mit sprungbereiter Feindseligkeit anzuschwärzen.
Vielleicht habe ich mit diesen Zeilen jetzt gesündigt. Ich habe sie trotzdem geschrieben. Könnte das, was jetzt innerkirchlich läuft, nicht vielleicht die Erfüllung der Jesuworte sein: „Wer nicht hat, dem wird auch das noch genommen, was er hat.“ Als im Frühjahr auch der kirchliche Lockdown begonnen hat, habe ich mit einer Anbeterin telefoniert, die seit Jahren wöchentlich viele Kilometer fährt, um den Herrn anzubeten. Sie hat mir im Blick auf das Ausfallen der Ostergottesdienste, von Erstkommunionen und Firmungen gesagt: „Der Herr nimmt uns die Feste, weil er keinen Gefallen mehr daran hat!“ Die Hirten, die jetzt so handeln, vielleicht aus Angst, im guten Glauben oder aus Servilität gegenüber dem Staat, könnten so irgendwie Werkzeuge der Vorsehung sein, Hirten, die wir verdient haben, weil wir nicht umgekehrt sind. Haben wir nicht das Wesentliche, nämlich Gott aus den Augen verloren und ist nicht die Liturgie oft nur mehr schmückendes Beiwerk zu privaten Festen geworden, wo ER nicht mehr im Mittelpunkt stand?
Was sollen wir tun?
Nun stellt sich die bange Frage. Was sollen wir jetzt tun? Ein Christ sollte zunächst einmal folgendes bedenken: Es gibt in dieser Situation einen, der uns wirklich helfen kann, einen, auf den wir wirklich bauen können, einen, auf den wir hoffen dürfen. Es ist der Herr selbst, ER ist der Herr über Leben und Tod, es ist der Herr der Geschichte. Es geht jetzt nicht zuerst um die Frage, ob oder was ER uns wegnimmt, sondern, ob ER den Leuchter wegstellt? In der Johannesoffenbarung sagt Gott der Gemeinde von Ephesus folgendes:
„Ich kenne deine Werke und deine Mühe und dein Ausharren; ich weiß: Du kannst die Bösen nicht ertragen, du hast die auf die Probe gestellt, die sich Apostel nennen und es nicht sind, und hast sie als Lügner erkannt. Du hast ausgeharrt und um meines Namens willen Schweres ertragen und bist nicht müde geworden. Ich werde dir aber vor, dass du deine erste Liebe verlassen hast. Bedenke, aus welcher Höhe du gefallen bist. Kehr zurück zu deinen ersten Werken! Wenn du nicht umkehrst, werde ich kommen und deinen Leuchter von seiner Stelle wegrücken.“
Liebe Gläubige! Der letzte Satz ist eines der eindringlichsten Worte der Heiligen Schrift: ER, Gott, könnte den Leuchter von uns, von unserem Land wegrücken. Das heißt, er könnte uns die Kirche und damit das Licht des Glaubens und die Hoffnung wegnehmen, wenn wir nicht zur „Ersten Liebe“ zurückkehren, wenn wir nicht umkehren. Wir würden in einen absoluten tiefen Abgrund der Verzweiflung, des Nichts fallen. Das sollten wir vor Augen haben.
Was sollen wir also tun?
Dazu einige Vorschläge: Den Herrn inständig bitten, dass er den Leuchter nicht wegstellt. Dient Gott und nicht dem Mammon! Nehmt alle Schwierigkeiten an und schenkt sie Gott als persönliche Opfer! Wir bekommen vom Herrn alle wichtigen Mittel. Wenn wir zu IHM umkehren und uns IHM zuwenden, dann bekommen wir den Glauben und eine starke Hoffnung, dann verschwindet die Angst oder sie wird verwandelt in eine heilsame Gottesfurcht. ER gibt uns die Gabe der Weisheit, damit wir erkennen, worum es geht, damit wir verhältnismäßig handeln, er gibt uns die Gabe der Stärke, damit wir die Kraft haben, die Wahrheit zu sagen, das Wahre auch zu tun und gegebenenfalls auch Widerstand zu leisten, er gibt uns die Gabe der Frömmigkeit, um dem Herrn begegnen zu können, wie es IHM gefällt. Er gibt uns die Gabe, dankbar zu sein, wenn wir gesund sind, ER schenkt uns die Gabe, Leiden und Krankheit mit Seinen Leiden zu vereinen, ER gibt uns das Licht, den Tod als Weg zum neuen Leben zu erkennen und uns mehr davor zu fürchten, das ewige Leben zu verlieren als dieses irdische.
Niemand – weder ein Bundeskanzler noch ein Bischof, noch ein Journalist – kann euch hindern, im Kleinen treu zu sein, jetzt an eurem Platz mit euren Gaben zu wirtschaften, euch in der Geduld zu üben, andere zu bestärken, versöhnend zu wirken, Menschen die Angst zu nehmen und vor allem: Immer wieder den Herrn um Hilfe anzurufen, euch mit IHM zu verbinden.
Momentan sind keine öffentlichen Messen möglich. Nützt umso mehr andere Möglichkeiten, lest in der Heiligen Schrift, betet den Rosenkranz, kommt zur Anbetung. ES liegt wirklich an Euch, an jedem Einzelnen, ob der Herr den Leuchter wegstellt oder nicht, ob wir aus dem Verlust irdischer Dinge geistlichen Gewinn ziehen, ob aus dem Sterben mancher Dinge sogar eine Auferstehung zu neuem Leben wird.
Euer Pfarrer
Ignaz Steinwender