Wort der Tages – Brief an die Mütter
Liebe Mütter! Liebe Frauen!
In jedem Menschenleben spielt die Mutter eine wichtige Rolle. Durch sie schenkt uns Gott das Leben. Mutterschaft ist etwas so Großes und Kostbares, dass wir in unserem Sprachgebrauch sogar von der Mutter Erde und von der Mutter Kirche sprechen und wir sprechen von der Mutter Gottes. Und am Muttertag denkt natürlich jeder von uns an seine eigene Mutter.
Zum Wesen der Mutterschaft gehört es nicht nur, dass sie Leben gebiert, sondern auch dass sie Leben nährt, bewahrt und entfalten hilft. Es ist eine große Fehleinschätzung, wenn man heute bloß von einer Mutterrolle spricht, als ob jemand vorübergehend oder eben nach eigenem Gutdünken Mutter spielen könnte. Man ist Mutter, man ist Vater, man ist auch Priester. Es ist etwas Wesentliches, das den ganzen Menschen betrifft.
Wenn man die Mutter Erde gut behandelt, dann ist man reich gesegnet. Die Schöpfung bewahren bedeutet eigentlich den Muttertag der Erde begehen. Wenn man die Mutter Kirche liebt, empfängt und bewahrt man den kostbaren Glauben und das ewige Leben. Heute sind durch die Heilige Taufe drei Kinder von der Mutter Kirche aufgenommen worden.Wenn man die Mutter Gottes verehrt wird man ihren Schutz im geistlichen und irdischen Leben erfahren.
Wenn man die eigene Mutter ehrt, so heißt es im vierten Gebot, dann wird es einem wohlergehen und man wird lange leben auf Erden. Das vierte Gebot ist wie ein Naturgesetz und es kommt in den meisten Religionen vor. Wer Vater und Mutter ehrt und ihnen Dankbarkeit erweist, der ehrt, der bejaht sich letztlich selbst. Das ist einfach logisch, weil die Eltern der Ursprung sind. Wenn man den Ursprung achtet, dann bejaht man sich selbst und damit ist man auch dem Schöpfer nahe. Alles, was man den Eltern Gutes tut, das bekommt man von Gott zurück, z., B. an den eigenen Kindern. Denn es gibt eine Direktlinie über die Eltern zu Gott. Wenn man die Eltern achtet, dann achtet man damit auch Gott, durch dessen Schöpferkraft die Eltern das Leben geboren haben.
Es gibt viele Frauen, die nicht oder noch nicht Mutter im leiblichen Sinne sind. Alle Frauen können jedoch auf ihre Weise mütterlich wirken, z. B. eine Lehrerin, die sich für ihre Kinder hingibt, eine Frau, die wie ein guter Geist einen Betrieb zusammenhält oder eine Pfarrsekretärin, die dem Pfarrleben viel Seele gibt, aber auch als Ordensschwester kann eine Frau ihre Mütterlichkeit entfalten.
Manche Ideologen haben gemeint, die Frau wäre viel zu lange nur auf die drei K eingeschränkt (Kirche, Kinder, Küche) gewesen. Dieses „nur“ geht auf einen großen Irrtum zurück. Diese drei K sind zwar nicht alles, aber ohne diese drei ist alles nichts. Ohne Kirche gibt es kein geistliches und kein ewiges Leben, ohne Kinder kann ein Volk nicht überleben und ohne Küche würde der Mensch neben dem Kühlschrank verhungern. Man müsste vielmehr sagen: Mutter sein ist viel mehr als bloß Beruf, Karriere und Vergnügen!!! Es gibt das schöne Wort: Die Hand, die die Wiege bewegt, bewegt die Welt!, das uns vielleicht vor Augen führen kann, welch große Berufung es ist, Mutter zu sein. Die Zukunft hängt von der nächsten Generation ab, die ihre Prägung im Elternhaus erhält. Vor allem die Mütter haben vieles in der Hand und können den Kindern ihren Glauben, ihre Werte, aber auch einen Sinn für das Wahre, Gute und Schöne vorleben.
Viele Mütter haben in den letzten Wochen vielleicht das Gefühl gehabt, dass jetzt alles an ihnen hängt: den Haushalt bewerkstelligen, im Homehoffice arbeiten oder dem Mann, der im Homeoffice arbeitet den Rücken freihalten, Lehrerin spielen, das Beisammensein aller auf engstem Raum organisieren und so manch andere Herausforderung bewältigen.
Mache haben aber vielleicht auch positiv erfahren, dass es schön und gut ist, mehr oder ganz zu Hause zu sein, sozusagen eine Rückkehr zur Normalität des Ganz-Mutterseins. Manche haben ihre Kinder vielleicht ganz neu kennengelernt und die Beziehung zu ihnen vertiefen können.
So wie die Mutter Erde nicht durch Technik ersetzbar ist, so wie die Mutter Kirche nicht durch einen selbstgestrickten Glauben ersetzbar ist, so ist auch die natürliche Mutter nicht ersetzbar.
Vielleicht hat auch die Coronakrise manchen wieder bewusst gemacht, was Muttersein, was Frausein bedeutet. Vielleicht haben viele von Euch jetzt im Familienleben vieles wieder neu entdeckt, dass vorher verschüttet war. Manche haben mir erzählt, sie hätten endlich Zeit gehabt, äußerlich, aber auch innerlich ein bisschen aufzuräumen, liegen Gebliebenes aufzuarbeiten. Heute sind Mütter besonders der Gefahr ausgesetzt, Beruf und Familie, gesellschaftliche Verpflichtungen und die hohen Ansprüche einer perfektionistischen Bilderbuchwelt unter einen Hut bringen zu müssen. Vielleicht kann ein Blick auf die Muttergottes auch in diesem Fall hilfreich und lehrreich sein. Es kommt nicht darauf an, was man tut, sondern es mit größtmöglicher Liebe zu tun. Wir alle können von Maria lernen, zu dienen und zu lieben.
Ich wünsche allen Müttern, allen Frauen alles Gute zum Muttertag, dass ihr Eure Mutterschaft und euer Frausein erfüllt leben könnt, dass ihre jene Anerkennung findet, die euch hilft, die Mutterschaft tiefer zu verwirklichen.
Ich wünsche euch allen, dass ihr die Mutter Erde, die Mutter Kirche, die Mutter Gottes und die eigene Mutter dankbar ehrt. Dann werdet ihr viel Segen erlagen und eure Mutter kann mit Freude sagen, mein Sohn, meine Tochter ist ein wahrer Segen.
Euer Pfarrer
Ignaz Steinwender