Wort des Tages – Gotteskindschaft

Wort des Tages – Gotteskindschaft

Liebe Leser der Pfarrhomepage! Liebe Kinder!

Heute ist der dritte Tag von Ostern. Wir sind in der Osteroktav, den acht Ostertagen. In der Messe haben wir heute die Lesung gehört von der Pfingstpredigt des Apostels Petrus. Petrus, der in der Leidensgeschichte des Herrn versagt hatte, erlebte eine tiefe Umkehr und wurde durch die Osterbegegnungen mit dem Herrn und – gestärkt vom Heiligen Geist – ein mutiger Glaubenszeuge.

Was sollen wir tun?

Zu Pfingsten trat er in Jerusalem mit machtvollen Worten auf, verkündigte den Juden Christus, den sie gekreuzigt hatten, als den Messias. Die Leute waren von dieser Rede ins Herz getroffen und fragten: Was sollen wir tun, Brüder?

Vielleicht geht es Euch ähnlich wie den Leuten damals. Durch die Ereignisse sind viele von euch getroffen worden, von Veränderungen, von auferlegten Verzichten, von Einschränkungen, von Zukunftsängsten, vieles hat vielleicht auch ins Herz getroffen. Plötzlich fragt man sich: War das richtig, was wir getan haben? Hat es auch mit mir zu tun, dass es jetzt so ist? Es herrscht viel Verwirrung und es stellt sich auch die Frage: Was soll ich tun, was sollen wir tun? Was trägt im Leben? Was trägt mich im Leben?

Petrus gab damals eine Antwort, die er uns auch heute gibt. Petrus sagte: „Kehrt um und ein jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung der Sünden. Dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.“ (Apg 2,38).

Kinder Gottes werden

Nun sind wir zwar schon getauft, aber trotzdem können wir die Worte des Apostels Petrus direkt auf uns beziehen. Durch die Taufe sind wir Kinder Gottes geworden. Haben wir diese Kindschaft in uns bewahrt, haben wir sie vertieft? Haben wir die Taufe, ein großes Geschenk, in uns wirklich entfaltet? Sind wir beständig umgekehrt, sodass der Geist in uns wirkt? Durch die Taufe sind wir Kinder Gottes geworden. Kind Gottes sein ist vielleicht eine Schlüsselfrage für die jetzige Situation oder überhaupt!

Vor Ostern ging ich bei meinem Spaziergang auf den Zellberg durch einen Wald und hörte plötzlich Stimmen hinter mir. Zwei Kinder sind mir nachgelaufen und haben mir jedes eine Zeichnung geschenkt. Die kleine Eva hat den Herrn gezeichnet, wie er das Kreuz trägt, und Emma den Herrn am Kreuz. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Wenn ich Geschenke von Kindern bekomme, dann freue ich mich noch mehr, eben wie ein Kind. Zu Hause habe ich die Zeichnungen betrachtet. Da ist mir der Gedanke gekommen. Christus trägt das Kreuz, er trägt uns, ja, er trägt mich, er trägt jeden von Euch. Im Katechismus der katholischen Kirche ist der Gedanke ausgeführt, dass Gott die Welt nicht nur erschaffen hat, sondern, dass er sie trägt, er hält sie im Dasein. Die Schöpfung würde ins Nichts zurückfallen, wenn Gott seine Hand zurückziehen würde. Damit ist eigentlich eine der wichtigsten Fragen für das Leben beantwortet. Gott trägt die Welt, er trägt auch mich und dich! Aus dieser Erkenntnis ergibt sich auch eine Antwort auf die oben gestellte Frage. Was sollen wir tun? Wir sollen Kinder Gottes werden, vor Gott wie Kinder sein. Denn dann sind wir wirklich von IHM Getragene. Wenn wir uns von ihm lösen, dann haben wir die Last allein und wir werden uns gegenseitig zur Last.

Kinder sind abhängig und geborgen

Kinder haben besondere Eigenschaften. Sie sind von den Eltern abhängig, sie wissen das und es ist für sie das Allerselbstverständlichste. Zugleich sind die Kinder bei ihren Eltern geborgen. Kinder können bedingungslos vertrauen. Sie können, wenn sie gestritten haben, sofort wieder umschwenken und das Geschehene vergessen. Kinder können spielen, sie können ganz in der Gegenwart aufgehen und dadurch vielleicht schon die Ewigkeit berühren. Ich möchte jetzt kurz die Abhängigkeit und Geborgenheit betrachten. Kinder wissen um ihre Abhängigkeit. Sie sind sich bewusst, dass sie nicht alles wissen, dass sie nicht alles können, und sie können zu den Eltern aufschauen. Gerade dann, wenn etwas passiert, dann ist es das aller Wichtigste, sofort zur Mama oder zum Papa zu laufen. Das einzige, was Kinder wirklich fürchten, ist, dass Mama und Papa nicht da wären. Unser Kirchturmrestaurator, Herr Pondorfer, der vor einigen Jahren verstorben ist, hat mir einmal Folgendes erzählt: Als er ein Bub war – er war etwa im Erstkommunionalter – da hat ihn sein Vater als Kirchturmrestaurator auf einen hohen Kirchturm mitgenommen. Er hat ihn dann am Seil angehängt und ihn dann allein ins Freie schwingen lassen. Ich habe ihn gefragt: Hast du dich da nicht gefürchtet? Er sagte: Nein, ich hatte keine Angst, denn unten stand meine Mutter! Wenn der Mensch vor Gott ein Kind wird, wenn er vor Gott lebt wie ein Kind, dann weiß er um seine Abhängigkeit. Durch dieses Wissen ist er offen für die Führung Gottes, für sein Licht, für seine Ermahnung. Der Mensch erfährt sich als Geliebter, möchte diese Liebe beantworten und fühlt sich deshalb bei Gott ganz geboren.

Kardinal Meissner sagte einmal über Papst Benedikt: Er hat das Wissen von zehn Theologieprofessoren und den einfachen Glauben eines Erstkommunikanten. Jeder von uns hat eine Kindheit erlebt. Es ist wichtig, dass wir das Kind in uns, menschlich und auch geistlich (die Gotteskindschaft) wieder entdecken. Papst Benedikt hat einmal sinngemäß gesagt (ich weiß leider nicht mehr, wo ich das gelesen habe), dass es einen Menschen in schwierigen Situationen tragen kann, wenn er sich an seine Kindheitsgebete erinnert und seine Kindheit in sich wieder wachruft. Gestern hat mir eine Frau am Telefon so ergreifend von ihrer Kindheit erzählt, dass ich das gar nicht mehr in Worte fassen kann.

Die Krise an der Wurzel bekämpfen und nicht die Ursache zum Rezept machen

Ich habe oft überlegt, was Gott uns durch die sogenannte Coronakrise sagen will. Ich glaube, er sagt mir, vielleicht jedem von Euch und auch der Gesellschaft und der Kirche: Ihr sollt vor Gott wie Kinder werden. Wenn ihr nicht werdet wie Kinder, kommt ihr nicht in das Himmelreich, dann verliert ihr das Maß für die irdischen Dinge. Das Grundproblem scheint mir heute folgendes zu sein: Die Menschen haben sich von Gott unabhängig gemacht. Diese Freiheit von Gott hat sie in eine vom Menschen gemachte Schein-Freiheit und Schein-Sicherheit geführt. Dies hat zum Wahn geführt, alles sei menschlich machbar. Gerade dies stellt sich nun als trügerisch und zerbrechlich heraus. Die Natur beginnt sich zu rächen, die globalisierte Vernetztheit schafft immer größere Abhängigkeiten und Zwänge, es wird immer deutlicher, dass die Welt ohne Gott ein Turmbau zu Babel wird, ein Kartenhaus, das beim geringsten Windstoß einstürzt.

Ich fürchte, dass dieser Ruf Gottes durch diese Krise nicht erkannt wird. Gott hat der Welt eine Besinnung verordnet, damit sie umkehrt. So wie Kinder, wenn etwas passiert, zur Mama oder zum Papa laufen, sollten die Menschen in der Krise mehr zu Gott gehen, d. h. umkehren, mehr beten, mehr Gottesdienste feiern, mehr Buße tun, mehr sühnen. Und was tun wir jetzt? Wird uns nicht die Ursache des Problems, die Ferne von Gott und seinen Sakramenten und unser Machbarkeitsdenken, heute von oben als Therapie verordnet? Gott zeigt uns eine Grenze auf, um uns vom Machbarkeitswahn zu heilen, und, anstatt dies zu erkennen und umzukehren, versuchen wir in der Mentalität der Machbarkeit das Problem zu lösen. Es ist natürlich gut und wichtig, dass die Regierung vieles (aber nicht alles und um jeden Preis!!!) unternimmt, um der Lage Herr zu werden, wenn die Verantwortlichen aber glauben, sie können das machen und es bräuchte keine Umkehr, dann werden sie nicht die Weisheit bekommen, dieser Krise angemessen zu begegnen, sie werden dann den Grund legen für die nächste Plage (Wirtschaftskrise, soziale Spannungen, etc.) es wird uns dann ergehen wie dem ägyptischen Pharao, der nach jeder Weigerung, auf die von Gott geschickte Plage zu hören und umzukehren, eine weitere Plage bekam.

Die Krise hat eben auch geistige Wurzeln und gerade deshalb sollte man auch geistliche Mittel zur Bewältigung der Krise einsetzen. Wir benötigen eine Schutzausrüstung, ja wir müssen die Rüstung Gottes anziehen. Als wären die Quellen des Heils vertrocknet haben die Menschen zur Zeit keinen Zugang zum lebendigen Wasser, das hinter verschlossenen Kirchentüren weggesperrt ist und so kämpfen sie ohne die wesentlichsten Mittel. Die Durchhalteparolen der kirchlichen Verantwortungsträger angesichts der Entbehrungen, verstärken den Schmerz noch.

Dieses lebendige Wasser, das wäre die Zuständigkeit der Kirche. Die Kirche ist Zeichen und Werkzeug des Heils der Menschen. Sie hat das Wasser des Lebens, Christus selbst, sie hat die Heilmittel. Sie hat das in der Osternacht geweihte Wasser für die Taufe, damit wir Kinder Gottes werden. Jetzt wäre die Stunde der Kirche gekommen und zu sagen: Geht zu Gott! Kehrt um! Kommt zum lebendigen Wasser, das in Euch zur Quelle wird! Er kann uns retten! Jetzt wäre die Stunde gekommen, wirklich Kinder Gottes zu werden, den Machbarkeitswahn endgültig zu überwinden und geläutert aus der Krise aufzusteigen.

Vor einigen Tagen hat Bischof Manfred gesagt, man könne das, was geschieht, nicht als Strafe Gottes sehen. Ich denke mir: Woher nimmt der Bischof die Sicherheit für diese Behauptung. Will er damit sagen, dass wir nicht umkehren brauchen? Will er sich damit die Gunst der Medien erkaufen? Die heilige Schrift ist hier anderer Auffassung: So heißt es in Psalm 7,14: „Gott ist ein gerechter Richter, ein Gott, der täglich strafen kann.“ Und in Psalm 94,10 heißt es: „Sollte der nicht strafen, der die Völker erzieht, er, der die Menschen Erkenntnis lehrt? Natürlich ist Gott die Liebe, aber gerade deshalb kann er uns Menschen Grenzen setzen, damit wir umkehren. Jeder Vater oder jede Mutter weiß, dass man einem Kind aus Liebe die Konsequenzen des Ungehorsames aufzeigen muss, damit es sich zu seinem eigenen Wohl entfalten kann.

Gott trägt die Welt. Wenn wir zu IHM gehen, dann trägt er uns. Wenn sich der Mensch von Gott abwendet, dann ist er sich selbst überlassen. Dass ist die größte Strafe Gottes, die wir uns selbst zufügen können.

Was sollen wir tun?

Nochmals zurück zur Ausgangsfrage. Was sollen wir tun? Ich möchte einfach ein paar Anregungen geben, die natürlich keineswegs vollständig sind.

  • In uns das Kind wieder neu entdecken! Kindheitserinnerungen, Kindheitsgebete, etc.
  • Die geistliche Kindschaft der Taufe erneuern, das Bewusstsein, das wir von Gott abhängig sind, dass er uns liebt und trägt, dass wir IHM ganz vertrauen können
  • Umkehren, Buße tun, nach den Geboten leben und vor allem Gott loben, in der Schöpfung, im Mitmenschen und in der heiligen Liturgie
  • Den Machbarkeitswahn überwinden, bei sich selbst, im eigenen Leben und auch in der Gesellschaft

Liebe Kinder!

Zum Schluss möchte ich mich an Euch, an die Kinder wenden. Jesus hat gesagt: Lasst die Kinder zu mir kommen! Dann hat er sie gesegnet. Ihr könnt in dieser Situation sehr viel tun. Kommt oft zu Jesus und sprecht mit ihm. Ich bin mir ganz sicher, dass Euer Gebet vor Gott besonders wertvoll ist. Betet öfters, macht einander Freude, helft euren Eltern und spielt miteinander. Macht es so, wie der heilige Don Bosco seinen Kindern empfohlen hat: „Fröhlich sein, Gutes tun, und die Spatzen pfeifen lassen.!“ Sagt den Erwachsenen, wir wollen mit euch beten, spielen und fröhlich sein!

Euer Seelsorger

Ignaz Steinwender