Wort des Tages – Chance

Wort des Tages – Chance

Liebe Gläubige! Liebe Leser der Pfarrhomepage! Liebe Erstkommunikaten und Firmlinge!

Vorgestern haben wir über die Besinnung nachgedacht, gestern über die Angst. Heute möchte ich mit Euch über eine andere Frage nachdenken.

In der Früh habe ich mit einer lieben Frau telefoniert, die auch eine Anbeterin ist. Sie hat mir gesagt: Für mich und meinen Mann hat sich eigentlich nichts geändert. Wir sind sowieso zu Hause und können kaum mehr weg. Es gibt ja viele Menschen, die mit dieser Erfahrung schon lange leben.

Für viele hat sich aber nun plötzlich alles geändert. Sie sind jetzt von der Arbeit freigestellt und müssen ganzen Tag zu Hause in den vier Wänden bleiben. Plötzlich ohne die gewohnte Arbeit daheim zu sein, das kann auch z. B. das Selbstbewusstsein stark angreifen. Vielen ist es erst jetzt bewusst geworden, wie es einem Arbeitslosen so ergeht. Da stellt sich die Frage: Was können wir, was kann ich jetzt tun? Welche Möglichkeiten gibt es, die Zeit sinnvoll zu verbringen? Aber auch die Frage: Was sollen wir jetzt nicht oder nicht unbedingt tun?

Meine Oma hat in schwierigen Situation immer gesagt: Wer weiß, wofür es gut ist? Diese Einstellung kann uns ermutigen, in dieser Situation auch eine positive Herausforderung zu sehen. Also:

Was soll man in dieser Situation tun? Dazu einige Gedanken.

Sehr wichtig ist, dass man sich nicht einfach gehen lässt. Man soll dem Tag eine Struktur geben. Pünktlich zur selben Zeit aufstehen, eine Tageseinteilung mit gewissen Tätigkeiten und Pausen festlegen. Eine gewisse Struktur, ein gewisser Rahmen gibt Sicherheit, Identität, Ruhe usw.

In so einer Tageseinteilung könnte man u. a. folgende Tätigkeiten einplanen:

  • Überlegen, ob es jemand aus der Nachbarschaft oder Verwandtschaft gibt, der sich nicht leicht tut. Diesen wenigstens einmal im Tag anrufen und bestärken. Oder einfach so jemand anrufen und fragen, wie es ihm geht. Ich hab gestern einen Anruf vom Herrn Erzbischof bekommen. Er hat mich gefragt, wie es uns in Tirol und im Dekanat geht. Wir haben uns kurz unterhalten. Dieser Anruf hat mich sehr gefreut und auch bestärkt. Es ist einfach wohltuend, wenn man weiß, da ist jemand, der denkt an uns, der betet für uns. Und ich durfte die Grüße auch die Mitbrüdern weiterleiten.
  • Gelerntes Reaktivieren. Manche haben früher oft etwas gelernt, dass sie nicht mehr ausüben, weil keine Zeit war oder aus anderen Gründen. Ich nehme z. B. ein paar Minuten am Tag die Posaune in die Hand und übe (eigentlich ein Neujahrsvorsatz). Oder man könnte eine Sprache, die man einmal gelernt hat, besser lernen oder sich mit einer neuen beschäftigen, oder jemand entdeckt wieder das Sticken oder andere Fertigkeiten. Ein Mitbruder hat mir gesagt, dass er jetzt jeden Tag malt.
  • Ein nützliche Fähigkeit erlernen. Jemand hat mir gestern gesagt: Jetzt, wo ich nicht außer Haus kann, lerne ich kochen. Das hab ich nie gelernt, nicht gekonnt und auch nicht getan. Jetzt ist die Zeit dafür. Es gibt Möglichkeiten, Handarbeiten zu erlernen. Gerade in einer Krise könnte man überlegen, was wird einmal wichtig, wenn es vielleicht kaum mehr etwas zum Kaufen gibt?
  • Bücher lesen, die literarisch wertvoll, erbauend, lehrreich sind. Einige Buchtipps gibt es in früheren Glaubensboten oder auch hier.
  • Sport betreiben. Zu Hause Gymnastikübungen oder  Dehnungsübungen machen. Das fördert die Geduld, die Selbstüberwindung, ist gesund für den Leib und gibt uns jedesmal eine innere Stärkung.
  • Die Gelegenheit nützen um aufgeschobene Dinge wie z. B. längst fällige Hausarbeiten in Angriff zu nehmen.
  • Wenn jemand einen eigenen Garten hat, könnte er überlegen, wie kann ich viel mehr aus bisher aus dem eigenen Garten machen. Da gäbe es ein interessantes Buch mit wertvollen Hilfen (Selbstversorgung aus dem Garten ISBN 978-3-86445-571-1).
  • Ganz wertvoll kann es sein, wieder mehr das Gebet entdecken. Man sollte einfach die eine gewisse Hemmschwelle wieder überschreiten und z. B., wenn die Kirchenglocken läuten, den Engel des Herrn beten oder vor dem Essen, morgens und abends ein Gebet sprechen. Darüber möchte ich zu einem späteren Zeitpunkt mehr schreiben.
  • Den Kindern bewusst Aufmerksamkeit widmen. In der Kindererziehung gäbe es auch viele Möglichkeiten. Verschiedene Spiele spielen, Gespräche führen, Spaß machen, Geschichten vorlesen etc.
  • Ganz sinnvoll kann es sein, jetzt zu Hause die Erstkommuionvorbereitung und die Firmvorbereitung zu pflegen. Jeden Tag ein Thema besprechen, den Religionsunterricht wiederholen, etwas aus der Schrift lesen, Firmfragen besprechen usw.

In den letzten Monaten hatte ich eine Jugendrunde, eine Männer- und eine Frauenrunde. Dabei haben wir uns hauptsächlich mit Tugenden beschäftigt, dabei geht es um innere Haltungen, die ein Menschen erwerben kann, und die dann das Leben schöner, reicher, vollkommender und erfüllter machen. Ich denke, dass sich gerade jetzt großartige Gelegenheiten bieten, z. B. die Gabe der Dankbarkeit neu zu erwerben. Wenn man gewohnte Dinge nicht mehr hat, kann man vielleicht den Wert anderer Dinge, die man noch hat wieder neu und tiefer schätzen lernen oder überhaupt erfahren, dass alles im Leben Geschenk ist. Dies könnte einen riesigen Fortschritt in der geistigen Lebensqualität bringen. Ich habe mich gleich wieder meinen Neujahrsvorsatz erinnert, mehr Geduld zu erwerben. Jede schwierige Situation bietet die Möglichkeit, darin zu wachsen. Gerade in Zeiten wie diesen können uns nur geduldige Menschen tragen bzw. retten. Oder es ergibt sich jetzt die Möglichkeit, die Kardinaltugend der Klugheit zu lernen. Wenn man dem Trott entrissen wird, dann wird man gezwungen, die Lage neue einzuschätzen, Konsequenzen zu überlegen und zu versuchen, zum richtigen Zeitpunkt das Richtige zu tun. Jetzt Tugenden zu erlernen ist zugleich eine große Vorbereitung auf Situationen, die noch kommen könnten.

Zum Schluss ein konkreter Vorschlag. Die Palmweihe können wir heuer nicht wie üblich feiern. Macht trotzdem einen Palmbuschen, segnet ihn, geht damit eine Runde betend um das Haus und lest das Evangelium vom Palmsonntag (Mt 21,1-11).

Hier stellt sich sicher auch die Frage, was soll man in dieser Zeit nicht oder eher nicht tun. Dazu einige Anmerkungen:

–          Nicht zu viel fernsehen, und wenn, dann gute Sendungen wählen

–          nicht ständig die Nachrichten verfolgen, es ist Zeitverschwendung und man beginnt um das Thema zu kreisen

–          sich nicht mit Fragen beschäftigen, wer jetzt schuld daran ist, wer jetzt in dieser Situation welche Fehler macht oder diversen Verschwöungstheorien nachgehen

–          keine laute aggressive Musik hören, die betäubend wirken oder negative und depressive Stimmungen verstärken kann

–          und nochmals: sich nicht gehen lassen (äußerlich und innerlich)

Liebe Leute! Mit diesen Vorschlägen möchte ich es nun einmal bewenden lassen. Ihr habt sicher noch viele weitere Möglichkeiten im Auge. Ich bin sehr dankbar für weitere Anregungen, die wir dann auf die Homepage geben könnten.

Das Allerwichtigste möchte ich noch in Erinnerung rufen, dass wir dem Tag eine Struktur geben. Der Heilige Thomas hat gesagt. „Bewahre Ordnung und die Ordnung bewahrt dich.“

Wenn wir das versuchen, dann werden wir bald über den Spruch meiner Oma (wer weiß wofür es gut ist) hinausgehen und sagen können.  Es ist gut!!!!

Oder wir können zur Erkenntnis gelangen: Der, der allein gut ist, hat dies verfügt oder zugelassen, damit viele Dinge, die aus dem Ruder gelaufen sind, wieder gut werden.

Mit euch im Gebet verbunden,

Euer Seelsorger

Ignaz Steinwender