Wort des Tages – Angst

Wort des Tages – Angst

Liebe Gläubige! Liebe Glieder der Pfarre und Leser unserer Pfarrhomepage!

Gestern habe ich Euch ein paar Zeilen geschrieben über die Besinnung! Heute möchte ich mit euch über die Angst nachdenken.

Ich weiß, dass viele jetzt Angst haben bzw. mit verschiedenen Ängsten konfrontiert sind. Ich weiß darum und bete jeden Tag besonders für jene, die Angst haben. Ich weiß mich mit jedem, der Angst hat, verbunden. Ich bete besonders dafür, dass wir alle vor falschen Ängsten befreit werden oder wenigstens freier werden, dass wir bei berechtigten Ängsten standhalten können und ich bete besonders um die Gabe der Gottesfurcht.

Nun möchte ich versuchen, einige vielleicht hilfreiche Zeilen zu schreiben. Dabei will ich vorausschicken, dass ich mich nicht über Ängstliche erheben möchte, vielmehr möchte ich ihnen dienen als jemand, der auch nicht frei davon ist. Ich schreibe diese Zeilen ganz ungeschützt, ich schreibe sie als Seelsorger, auch auf die Gefahr hin, missverstanden zu werden. Ich möchte vor allem am Schluss dieser Ausführungen einige Hilfen geben für den Umgang mit der Angst und für den Umgang mit Menschen, die in Angst sind.

Die Angst als Phänomen

Ich möchte zuerst versuchen, das Phänomen der Angst zu beschreiben, eine Unterscheidung von Ängsten vornehmen und dann darauf eingehen, wie wir damit umgehen können.

Die Angst als Phänomen wird sehr oft in der Heiligen Schrift angeführt, besonders auch in den Psalmen. Dort wird deutlich dass der Beter (König David) auch in Angst ist, mit der Angst ringt bzw. die Angst vor Gott hinträgt. So heißt es u. a.

–          „Du hast mir Raum geschaffen, als mir Angst war“(PS 4,2),

–          „Befrei mich Herr von der Angst …“Ps 25,17),

–          „Herr, sei mir gnädig, den mir ist angst …(Ps 31,10),

–           „Ich aber dachte in meiner Angst: Ich bin aus deiner Nähe verstoßen.“ (Ps 31,23),

–          „Der Herr hat mich all meinen Ängsten entrissen (Ps 107,6.13.19.28),

–          „… ich bin wegen meiner Sünde in Angst.“ (Ps 38,19),

–          „Du ließest mich viel Angst und Not erfahren.“ (Ps 71,20),

–          „…. mich befielen die Ängste der Unterwelt.“ (Ps 116,3).

In diesen Aussagen, die wir auch wie Stoßgebete betrachten können, wird deutlich, dass es nicht so einfach ist mit der Angst umzugehen, sie kann einen Menschen schier überfallen und man kann sie nicht einfach beseitigen, schon gar nicht mit gescheiten, gut gemeinten Ratschlägen. Gerade König David, der ein sehr glaubenstiefer, von Gott erwählter König war, hat mit vielen Ängsten gerungen.

Arten von Ängsten – Berechtigte Angst, geschürte Ängste, sinnvolle Ängste

Es gibt verschiedene Ängste. Jemand sagte mir vor längerer Zeit nach einem Begräbnis. Wir hatten ein Gespräch bzw. eine Debatte in der Familie. Die Hauptprobleme sind Angst und Schuld. Das sind zwei Dinge, die heute am meisten verdrängt werden, die jedoch den größten Einfluss auf Entscheidungen und den Lauf der Dinge haben. Ich möchte hier zunächst einige Arten von Ängsten aufzeigen, die Angst vor konkreten Gefahren, diffuse Existenzängste, übertriebene Ängstlichkeit, geschürte Ängste, Verlustängste und schließlich die größtmögliche Angst.

Zur Angst vor konkreten Gefahren. Wenn der Mensch eine Gefahr erkennt, dann bekommt er Angst (hier sollte man eigentlich von Furcht sprechen). Die Angst kann hilfreich sein, weil Menschen dadurch alle Kräfte mobilisieren, um die Gefahr abzuwenden. Wenn jemand zum Beispiel weiß, wie gefährlich es ist, ohne Vorsicht über die Straße zu gehen, wird er seinen Kindern ein verantwortungsvolles Verhalten im Straßenverkehr lehren.

Diffuse Ängste: Es gibt dann diffuse Ängste. Z. B. wird jemand von einer Existenzangst befallen. Man weiß oft nicht, woher sie kommt, aber sie ist einfach da. Hier kann es verschiedene Ursache geben. Z. B. Kindheitserlebnis, wenn Kinder früh fremdbetreut werden und traumatisch das Alleinsein erleben. Es kann sogar sein, dass jemand noch im Mutterleib irgendwie mitbekommt, dass die Mutter darum ringt, abzutreiben.

Verlustängste: Wir alle können Angst haben, dass wir etwas verlieren, das uns wichtig ist, z. B. einen Partner, Hab und Gut, eine Freundschaft etc.  Je wichtiger etwas im Leben erscheint, desto eher können Verlustängste sein.

Angst aus Schuld: Wenn Menschen Schuld auf sich geladen haben, dann können auch Ängste entstehen, manchmal direkt aber auch indirekt, so dass man zunächst nicht weiß, dass diese Angst eine Schuld zur Ursache hat. In diesem Fall wäre es heilsam, die Schuld zu erkennen und die Möglichkeiten der Beseitigung zu nützen (siehe unten).

Die größtmögliche Angst: Die größte Angst, die jemals ein Mensch ausgehalten hat, war die Angst des Gottmenschen Jesu auf dem Ölberg. Die absolute Gottverlassenheit. Bei unserem Kreuzweg hinauf nach Maria Rast befindet sich auch eine Darstellung, wo Jesus am Ölberg betet. Hier hat der Herr freiwillig im Blick auf sein bevorstehendes Leiden diese und damit alle menschlich möglichen Ängste auf sich genommen mit den Worten: „Vater wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille geschehe (Lk 22,42).  Er kennt wirklich alle Ängste!!! Zum IHM können wir immer gehen, besonders mit unseren Ängsten.

Konkreter Umgang mit Ängsten

Bei einer Angst vor einer konkreten Gefahr sollen wir um die Gabe des Mutes und der Tapferkeit bitten. Hier ist es einfach wichtig, standzuhalten, sich der Gefahr zu stellen, alle Kräfte zu mobilisieren und klug zu handeln.

Bei diffusen Ängsten ist es sehr schwierig. Man kann versuchen, einen tieferen Grund zu erforschen. Sich bei anderen aussprechen. Wenn jemand gläubig ist, kann er diese Angst immer wieder Gott zu übergeben versuchen, durch ein Stoßgebet. Langfristig wäre es gut und hilfreich, eine persönliche Gottesbeziehung aufzubauen, die immer mehr dazu führt, dass man sich geliebt weiß und auf Gott vertrauen kann.

Bei Verlustängsten kann es hilfreich sein, wenn man erkennt, dass die Dinge, deren Verlust man fürchtet, nicht die Wichtigsten sind. Wenn jemand wirklich Gott an die erste Stelle stellen kann, dann verlieren alle anderen Ängste wenigstens an Gewicht. Der Apostel Paulus sagt: Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger oder Kälte, Gefahr oder Schwert? (Röm 8,45).

Wenn jemand die Gottverlassenheit erlebt, weil er sich von Gott entfernt hat, dann kann er um die Gnade der Umkehr bitten. Es gibt aber viele Situationen, wo ein Mensch von Gott nichts spürt und sogenannte geistliche Trockenheiten erlebt. Hier sollte auch eine gewisse innere Leere oder auch Angst einfach aushalten im Wissen darum, dass Gott dies gibt, damit wir im Glauben unabhängiger von Gefühlen etc. werden und tiefer gehen können. Dann gibt es eine Art mystische Gottverlassenheit, die Gott besonderen Heiligen schenkt, die er dadurch in eine tiefe Vereinigung mit ihm führt. Mutter Teresa hat z. B. eine Art Gottesfinsternis über Jahrzehnte erlebt und durchlitten als Sühne. Nur so kann man ihre außergewöhnliche Wirksamkeit erklären.

Allgemeine besondere Ratschläge für den Umgang mit Ängsten

Was kann jemand nun tun, wenn er auf Grund der gegenwärtigen Situation Angst hat, Angst vor einer Ansteckung, Angst vor Folgewirkungen, Angst vor diesem oder jenem. Hier einige praktische Vorschläge:

–          den Pfarrer anrufen und ihm die Angst schildern

–          eine gute Tageseinteilung machen, konkreten Beschäftigungen nachgehen,

–          die Nachrichten über alle diese Dinge auf ein Minimum beschränken, besser dafür etwas Sinnvolles und gutes Lesen und gute Gespräche führen

–          sich denken, es kommt nicht darauf an, was kommt, sondern dass ich in jeder Situation als Christ reagiere (nicht perfekt, sondern nach bestem Wissen und Gewissen). So könnte jemand denken, jetzt soll ich als Christ in dieser Krisensituation anderen helfen, wenn ich den Virus erwischen sollte, dann ist es am wichtigsten, dass ich als Christ ein ordentlicher Patient bin, sollte ich daran sterben, dann ist es das Wichtigste, dann ich mit Gott versöhnt, in Frieden sterbe und in den Himmel komme.

–          die Angst einfach annehmen und ev. mit ihr ein Zwiegespräch führen (z. B. sagte sie sich: Liebe Angst, jetzt bist du wieder da, aber du wirst mich nicht kleinkriegen, ich lassen dich einfach ein bißchen gewähren und dann wirst du wieder verschwinden)

–          mit jemandem sprechen, der reif, erfahren und von wohlwollender Einstellung ist

–          danken für gute Nebenwirkungen des Virus: Entschleunigung, Familienzusammenführung, Möglichkeiten der Besinnung, Auflösung des Verkehrproblem, Erholung der Natur, Herausreißen aus einem Getriebe etc.???????????

Geistliche Ratschläge:

–          Wer unter Ängsten leidet, kann hergehen und sagen: Ich nehme diese Angst jetzt an als Fastenopfer, ich schenke sie Jesus, dann wird daraus eine gute Frucht wachsen;

–          Ich übergebe sie an Jesus nach dem Motto: „Wirf Deine Sorgen auf den Herrn.“

–          In einer momentanen Angstsituation einfach ein Stoßgebet sprechen, z. B. Herr, steh mir bei! oder: Herr, hilf mir jetzt diese Angst zu bestehen! oder Jesus, ich vertraue auch dich!

–          Darüber hinaus sollte man aber generell regelmäßig beten, das schafft eine Angstfreiere Atmosphäre. Besonders gut wäre es hier, den Palm 91 zu beten oder das Gebet „Unter dein Schutz und Schirm …“ siehe homepage.

–          die eigene Schuld beseitigen durch Erkennen, Bereuen, durch Versöhnen und am aller Wirksamsten durch eine gute Beichte. Das ist das wirksamste Mittel.

–          Den Gedanken der Sühne pflegen. Angst und andere gegenwärtige Übel in Liebe annehmen und sie Gott schenken als Sühne, damit der geistliche Schuldenberg geringer wird.

–          Gutes tun, indem man z. B. jemand anderen, der Angst hat, Mut zuspricht. Dadurch wird auch die eigene Angst geringer.

–          den Heiligen Josef anrufen, er ist der Schreck der bösen Geister!

Der Umgang mit den Ängstlichen:

Wie kann man ängstlichen Menschen helfen. Hier ist es zunächst einfach wichtig, ihnen zuzuhören, sie ernstzunehmen, ihnen Vertrauen zu schenken. Es wird eher kontraproduktiv sein, die Angst ausreden zu wollen. Trotzdem kann man manche relativierende oder ermutigende Gedanken einbringen anstatt ständig um weitere Details der beängstigenden Situation zu kreisen oder vielleicht den einen oder anderen Vorschlag machen, wie sie oben angeführt wurden. Z. B. einladen, einmal gemeinsam zu beten oder jemandem um das Gebet zu bitten.

Die Gabe der Gottesfurcht:

Wer Gott fürchtet, d. h. wer Gott, seine Gebote, seine Worte und vor allem seine Liebe ernst nimmt, der wird in vielem freier werden, er wird frei von Menschenfurcht, frei von Existenzängsten, frei von Verlustängsten etc. Wer Gott fürchtet, für den gibt es nur eine wirkliche große Gefahr, Gott und damit das ewige Heil zu verlieren. Wer Gott und das ewige Heil als höchstes Gut erkennt, wird alles tun, um in der Liebe Gottes zu bleiben bzw. tiefer in sie hineinzuwachsen. Hier sind wir bei einem Thema, das wichtig ist für die Erstkommunionvorbereitung und die Firmvorbereitung. Bei der Taufe versprechen die Eltern, die Kinder im Glauben zu erziehen, dass sie Gott und den Nächsten lieben lernen. Die Erstkommunikanten sind auf dem Weg, Jesus besser kennen und lieben zu lernen. die Firmlinge sind auf dem Weg, genau dies zu vertiefen. Zu den Gaben des Heiligen Geistes gehört auch die Gottesfrucht.

Die Gottesfurcht wird vollendet in der Liebe. Je mehr der Mensch durch die Gottesfurcht zur Gottesliebe vorstößt, desto mehr wird er sich als von ihm Geliebter erfahren und in der Liebe wachsen. Er wird dann gerade in schwierigen Situationen nicht daran denken, wie dieses oder jenes weitergehen wird, sondern einfach lieben.

Liebe Firmlinge, liebe Erstkommunikanten, liebe Eltern und Paten! Nützt jetzt die Zeit auch für eine gute Vorbereitung auf die Erstkommunion und die Firmung, es ist zugleich eines der besten Mittel, die gegenwärtige Situation gut zu bestehen, aus ihr zu lernen, damit daraus ein großer Segen entsteht!

Mit euch in der Hirtenliebe und auch in Sorgen und Ängsten verbunden

Euer Dekan

Ignaz Steinwender