Bericht Neutralitätsvortrag des KBW

Bericht Neutralitätsvortrag des KBW

Am 24. Februar lud das Katholischen Bildungswerk Zell zu einem Vortrag, der ganz im Zeichen der österreichischen Neutralität stand. Am Beginn stand eine kurze Einführung durch Dekan Steinwender, die vor allem den spirituellen Wurzeln der Freiheit Österreichs, die 10 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit dem Abzug des letzten Besatzungssoldaten begann, nachging. Seine Ausführungen sind im Folgenden nachzulesen.

Der Rosenkranzsühnekreuzzug

Die Situation Österreichs

Nach dem II. Weltkrieg war Österreich in vier Besatzungszonen geteilt, mehr noch gab es eine Teilung und Ost und West, in die russische Zone und die westliche Zone (Amerikaner, Engländer und Franzosen). Es war die Gefahr einer Teilung Österreichs und damit die Unterwerfung von Ostösterreich unter die Sowjetunion gegeben. Die Not war sehr groß. Viele waren im Krieg gefallen oder durch Bomben umgekommen.

Man versuchte durch Verhandlungen, die Freiheit von ganz Österreich zu erwirken, diese stockten mit den Russen ab 1946, es gab keinerlei Fortschritte! Österreich musste befürchten, ein ähnlich hartes Schicksal zu erleiden wie Polen, Ungarn oder die Tschechoslowakei. In dieser Situation trat der Priester Petrus Pavlicek auf den Plan.

Petrus Pavlicek

Petrus Pavlicek wurde 1902 in Innsbruck als Sohn eines k.u.k.Offiziers geboren, hat mit zwei Jahren seine Mutter verloren, danach zog der Vater mit den Söhnen nach Wien und 1915 nach Ölmütz. Dort folgte nach der Matura, Arbeit in einer Möbelfabrik, 1921 Austritt aus der Kirche. 1922 bis 1924 war Pavlicek beim Militär, danach Arbeiter in Prag. Von 1927 bis 1930 absolvierte er ein Studium an der Malerakademie in Breslau, danach lebte er als Künstler in Paris und London, wo er 1932 standesamtlich heiratete, diese standesamtliche Ehe wurde später wieder geschieden. Ab 1933 lebte er in Brünn und später in Prag, 1935 erfolgte der Kircheneintritt und es erwachte in ihm der Wunsch, Priester zu werden. Er trat in Prag bei den Fransikanern ein, wo er 1941 die ewige Profess ablegte und Priesterweihe erfolgte. Am 13. Mai 1942 wurde der Priester verhaftet, im Oktober als Sanitäter eingezogen. Er kam 1944 ins Gefangenenlager in Cherbourg in Frankreich – und wurde dort mit der Botschaft der Muttergottes von Fatima vertraut. Aufgrund der Beneschdekrete kehrte er nach Österreich zurück und wirkte als Volksmissionar.

Die Entwicklung des RSK

Er hatte ein einschneidendes Erlebnis in Maria Zell am 2. Februar 1946, wo er während er zum Dank für die glückliche Heimkehr bei der Magna Mater Austriae verweilte, die Worte vernahm „Tut, was ich euch sage, und ihr werdet Frieden haben.“ Petrus Pavlicek bezog dies ausdrücklich auf die Fatimabotschaft. Es reifte in ihm der Plan, einen Rosenkranzsühne-Kreuzzug um den Frieden in der Welt zur gründen. Dazu kam es dann im Februar 1947.

Er sammelte zunächst 500 Mitglieder, bekam dann eine positive Empfehlung von Kardinal Innitzer und im Jahre 1949 gab es eine Genehmigung der österreichischen Bischöfe für dieses apostolische Werk.

Die Beter sollten täglich einen Rosenkranz beten um den Frieden, wobei das Anliegen der Freiheit Österreichs in den ersten Jahren eine zentrale Rolle spielte. Der RSK hatte so einen besonderen Bezug zu Fatima und versuchte auch, den Sühnegedanken und die Mentalität des Sühnens besonders zu vertiefen. Durch regelmäßige Andachten, eine Zeitschrift und eben auch Sühneprozessionen erhielt die Bewegung einen starken Aufschwung.

Die Zahl der Mitglieder des Rosenkranz-Sühnekreuzzug stieg bis Ende 1950 auf 200.0000, zwei Jahre später waren es 340.000 und im Mai 1955 überstieg sie eine halbe Million.

Besondere Höhepunkte waren die zu Maria Namen veranstalteten Sühneprozessionen, bei denen 1953 50.000, 1954 sogar 80.000 Teilnehmer kamen.

Die überraschende Wende zum Staatsvertrag

Obwohl eine politische Lösung für Österreich diplomatisch zunehmend aussichtloser erschien, nahmen die Beter immer mehr zu.

Hier sei auch auf die besondere Rolle des damaligen Bundeskanzlers (ab 1945) und ab 1953 Außenministers Figl hingewiesen. Leopold Figl hat für Österreich gelitten, gearbeitet und auch gebetet Er war im KZ gewesen (über fünf Jahre in Dachau und Mauthausen und hat viele Misshandlungen erlitten, 1945 monatelang in der Todeszelle beim Volksgerichtshof in Wien) und versuchte, besonders auch mit den Russen zu verhandeln. Er war zugleich ein frommer Katholik, pilgerte in dieser Angelegenheit öfters nach Maria Zell, wurde bereits 1948 Mitglied des Rosenkranzsühnekreuzzuges und scheute sich nicht, bei öffentlichen Prozessionen am Wiener Ring mit dem Rosenkranz an der Spitze voranzugehen. Er war ein besonderes Beispiel für die Einheit von Tat und Gebet.

Im Jahre 1955 kam es – entgegen allen diplomatischen Erwartungen – zu einer überraschenden Wende. Im Februar 1955 sprach der Moskauer Außenminister von einer möglichen Lösung. Im April 1955 reisten Bundeskanzler Julis Raab, Vizekanzler Schärf,  Außenminister Figl und Staatssekretär Kreisky zu Verhandlungen nach Moskau. Am Abend des ersten Verhandlungstages rief Bundeskanzler Julius Raab in Wien bei seinen Mitarbeitern an und bat diese, in seinem und in Figls Namen Petrus Pavlicek zu kontaktieren und um eine sofortiges „Sturmgebet“ des Rosenkranz-Sühnekreuzzuges zu bitten, „damit da im Kreml alles gut ausgeht.“

Vom 12. bis 15. April wurde eine Einigung erzielt – festgehalten im sogenannten Moskauer Memorandum. Österreich sollte einen Staatsvertrag erhalten, also ein freies Land werden, was die beabsichtigte  Erklärung der immerwährenden Neutralität zur Vorraussetzung hatte. Am 15. Mai, das war genau am Schlusstag der neunten Monatsnovene des Gebetskreuzzuges, d. h. nach genau 81 Monaten, wurde der Staatsvertrag , der Österreichs Freiheit garantieren sollte, feierlich unterzeichnet.  Bereits am 13. Mai hatten die Russen mit dem schrittweisen Abzug der Truppen begonnen, der am 25. Oktober 1955 abgeschlossen wurde. Am 26. Oktober beschloss der österreichische Nationalrat die immerwährende Neutralität.

Wenn man die damalige Lage, die völlig aussichtslos erschien, bedenkt, und wenn man weiter bedenkt, dass Österreich ein einmaliger Fall ist, wo die Russen freiwillig abzogen, dann ist es sehr verständlich, dass Gläubige fest davon überzeugt sind, dass die Freiheit Österreichs und damit verbunden auch die Neutralität erbetet wurden und dass wir den Russen dafür dankbar bleiben sollen.

Ein erbetetes Geschenk muss man auch wertschätzen und bewahren, auch durch Gebet.

Außenminister Lawrow sagt lt. Bericht v. 7. März 2022 in OÖ Nachrichten:

Österreichische Amtsträger hätten “einseitige und empörende Aussagen” zur Lage in der Ukraine verbreitet, hieß es in offiziellen Erklärungen des russischen Außenministeriums. Kritisiert wurde von russischer Seite, dass Kanzler Nehammer der Führung Russlands eine einseitige Entfesselung eines Kriegs, die Verletzung des internationalen humanitären Rechts und Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen habe. Dies seien “absurde Anschuldigungen”, hieß es. Und dann gab es noch einen Seitenhieb auf Österreichs Neutralität: “Wir verurteilen entschieden derartige unbegründete Aussagen und Einschätzungen”, erklärte das russische Außenministerium. Dadurch würden ernste Zweifel an der Qualität von Wiens “Neutralität” aufkommen, die in der letzten Zeit merklich abnehme und erodiere. Man werde das in Zukunft berücksichtigen.

Ein kurzer Hinweis auf Österreich betet

Im Dezember 2021, am Höhepunkt der Coronamaßnahmen mit drohender Impfpflicht etc. entstand die Aktion Österreich betet, Gebet für Österreich!!!!

Ende November spitzte sich die Lage zu. Die Impfpflicht wurde propagiert, Demos nahmen zu! Bundeskanzler Schallenberg hatte den Ungeimpften ungemütliche Weihnachten gewünscht. Am 27. 11. 2021 startete ich am Ende einer von Radio Maria übertragenen Messe einen Gebetsaufruf angesichts von Angst, Druck, Streit und Spaltung – Betet für Österreich! Am 29. 11. hat Herr Laroche diesen Aufruf konkretisiert – jeden Mittwoch sollte gebetet werden. Der 1. Dezember war der erste Mittwoch an dem in 35 Orten, darunter in der Minoritenkirche, 200 m vom Bundeskanzleramt entfernt gebetet wurde. Am 2. 12. gab der BK Schallenberg seinen Rücktritt bekannt! Die Impfplicht wurde zwar noch beschlossen, aber nicht mehr ausgeführt und bereits nach wenigen Monaten wieder abgeschafft. Das Blatt wendete sich und die Maßnahmen nahmen bald ein Ende.

Abschließend zur Neutralität. Heute ist die Neutralität und damit der Friede mehr gefährdet als je zuvor, deswegen ist es auch sehr wichtig, auf die Neutralität zu achten, dazu braucht es aber auch viele Hintergrundinformationen! Deshalb sind wir dankbar, dass uns der Herr Oberst nun zu diesem Thema referiert.

Ignaz Steinwender

In einem sehr ausführlichen, dennoch äußerst kurzweiligen und spannenden zweiten Teil referierte Oberst i.R. Gottfried Pausch  über die aktuelle Neutralitätspolitik in Österreich und schnitt dabei mehrere interessante Themenbereiche an.

Mit aktuellen, einseitig parteiischen Zitaten österreichischer Politiker der vergangenen Wochen und Monate zeigte der Referent auf, dass es entgegen manchen verbalen Bekenntnissen zur Neutralität vor allem darauf ankomme, wie Österreich im Ausland wahrgenommen werde. Leider herrscht im Ausland derzeit der Eindruck, dass Österreich in den beiden großen Konfliktherden Russland/Ukraine und Israel/Palästina eindeutig parteiisch ist. Dadurch verspiele Österreich einerseits seine historisch gewachsene Rolle als Vermittler zwischen Kriegsparteien und gerät andererseits zwischen die Fronten. Die im Neutralitätsgesetz festgelegten Punkte, zum Beispiel dass Österreich keinem militärischen Bündnissen angehören dürfe, werden derzeit durch die bekundete Mitarbeit beim europäischen Luftraumüberwachungsprojekt Skyshield, durch den Aufbau eines Europäischen Heeres und durch ein Liebäugeln mit einem Natobeitritt Österreichs in Frage gestellt. Mit großer Fachkompetenz stellte der ehemalige Berufssoldat den Zuhörern auch klar vor Augen, in welchem Zustand sich das österreichische Bundesheer auch laut Rechnungshofaussagen befindet. Ein Natobeitritt wäre allein deswegen schon ausgeschlossen.

Eindringlich erinnerte der Referent daran, dass vor allem Russland die österreichische Neutralität stets als Bedingung für die Freiheit und Souveränität unseres Landes angesehen hat und die bereits oben von Dekan Steinwender zitierte Aussage des russischen Außenministers, dass die derzeitige Abkehr von der Neutralität durch Österreichs Politspitze durchaus Berücksichtigung finden werde, sowie ein diplomatischer Fauxpas, wie die Nicht-Einladung des russischen Botschafters zu einem wichtigen Treffen in Wien, geben Anlass zur Besorgnis.

Der wortgewaltige und humorvolle Referent hinterließ eine nachdenkliche Zuhörerschaft.