Wort des Tages – Veronika

Wort des Tages – Veronika

Eine einfache Frau hat eine so wichtige Rolle in der Leidensgeschichte, dass uns ihr Name überliefert ist: Veronika. Wir wissen eigentlich nichts Näheres über ihre Person, weder ob sie eine Jüngerin Jesu war, in Jerusalem wohnte oder sich wegen des Pascha in Jerusalem befand. Aber wir wissen, wie sie sich im Angesicht des Leidens verhalten hat. Sie hat dem Blut überströmten, gequälten Jesus ein Tuch gereicht, um sein Gesicht zu reinigen und ihm eine Linderung zu verschaffen.

 Es ist nicht schwierig zu helfen, wenn man für seine Hilfsbereitschaft gelobt und geachtet wird. Wenn der, der Hilfe benötigt, aber in Ungnade gefallen ist, so wie Jesus, dann zeigt sich eine Hilfsbereitschaft, die nicht auf Lob und Anerkennung aus ist.

Veronika muss sehr mutig gewesen sein, um es angesichts der spottenden und schreienden Menge zu wagen, Jesus zu helfen. Sie hat keine Angst davor, selbst Ziel des Spotts zu werden, wenn sie sich auf die Seite des Geächteten stellt. Sie fürchtet sich offensichtlich auch nicht vor den Soldaten, da sie es wagt an einen zum Tode Verurteilten heranzutreten. In dem Moment, als Jesus so geschlagen und geschunden vorüberkommt, drängt es sie zu helfen. Sie hat nicht weggeschaut, das Leiden nicht ignoriert oder sensationsgierig mitverfolgt, sondern geholfen. Wohl wissend, dass das Ende Jesu besiegelt ist, dass man nach menschlichem Ermessen eigentlich nichts mehr tun kann, resigniert sie nicht. Sie ist angesichts der übergroßen Not nicht verzagt, lässt sich nicht durch die Aussichtslosigkeit der Situation lähmen, sondern tut, was ihr in diesem Augenblick möglich ist: Sie reicht Jesus ein sauberes Tuch, um seinen Schweiß und sein Blut abzuwischen.

Eine scheinbar völlig unbedeutende Tat, aber in Wirklichkeit eine Geste voller Mitleid und großherziger Liebe. Auch im Todeskampf verliert der Mensch nicht seine Würde und ist es wert, dass ihm solche kleinen Liebesdienste erwiesen werden, wenn man auch sonst nichts mehr tun kann. Die Versuchung, sich angesichts der allgegenwärtigen Not anderer Menschen einem „Ich kann ja doch nichts tun“ hinzugeben, ist damals genauso stark gewesen, wie heute. Veronika hat ihr widerstanden, so wie viele Menschen heute, die Leidenden und Sterbenden mit großer, hingebender Liebe beistehen.

Obwohl Veronika gewiss keine Belohnung erwarten konnte, erweist Gott ihr seine Gnade auf ganz besondere Weise. Auf dem Schweißtuch bleibt ein Abdruck des Antlitzes Jesu zurück. Ein wahres Bild des Heilands, eine „vera“ (wahre) „ikona“ (Bildnis). Genau das ist es, was der Name Veronika bedeutet. Das Abbild auf dem Schweißtuch ist wohl nicht nur in dem Sinn ein wahres Bildnis, dass es ein authentischer Abdruck des Gesichts Jesu ist, sondern vielmehr, weil gerade der aus Liebe zu uns leidende Jesus unleugbar der wahre Erlöser und Heiland ist.

Das Schweißtuch der heiligen Veronika erinnert uns: Nicht seine Predigten, nicht die Wunder und Heilungen, sondern seine hingebende Liebe bis zum Tod am Kreuz machen sein innerstes Wesen aus.