Wort des Tages – Ein Priester antwortet Bischof Gletter
Offener Brief von Michael Pritz, Pfarrer von Ellmau an Bischof Hermann Glettler.
(Erschienen auch auf kath.net)
Sehr geehrter Herr Glettler, seines Zeichens Bischof von Innsbruck!
Sie haben mich ersucht von meiner, Ihrer Meinung nach unnötigen Empörung über ein zeitgenössisches Meditationsbild Abstand zu nehmen und Sie haben mir einige Fragen gestellt, mit welcher Begründung ich derart hart über eine Initiative urteilen kann, deren Motivation und Umfeld ich angeblich nicht kenne. Nachdem ich mir die Zeit genommen und Ihr Schreiben samt zweifachem Anhang ausführlich gelesen habe, will, nein, muss ich Ihnen nun nach reiflicher Überlegung doch antworten.
Ich habe mir den Kommentar zum Schweine-Herz-Bild genau durchgelesen. Gleich am Anfang steht, dass es sich um einen Schweineherzdarstellung mit Gummiring handelt. Die ganze darauf folgende Betrachtung bezieht sich dann aber auf das menschliche Herz. Kein einziger Bezugspunkt in der Erklärung auf das Schweineherz. Wieso musste es dann ausgerechnet ein Schweineherz sein? Man hätte doch einfach ein menschliches Herz verwenden können, fototechnisch doch kein Problem, dann würde der Erklärungstext einen Sinn machen. So kann man nur sagen, leider Themenverfehlung!
Zum nächsten Punkt: Sie haben recht, ich war nicht in der besagten Kirche. Muss ich das, um mir vom besagten Bild ein Urteil zu bilden? Ich habe mehrere Darstellungen von dem aufgehängten Bild in verschiedenen Medien gesehen. Müssen Sie in der Ukraine gewesen sein, um etwas über den Krieg und die Folgen dort sagen zu können?
Zu Ihrer nächsten Frage, ob es zu viel sei, wenn in einer von 400 Kirchen ein solches „Kunstwerk“ hänge? Was ist denn das für eine Argumentation. Das wäre doch so wie wenn ein Kinderdorf-Leiter sagen würde, in 400 Heimen behandeln wir die Kinder doch gut, nur in einem schänden und missbrauchen wir halt einige Kinder. Mit Verlaub, es geht hier nicht einfach um ein Kunstwerk in einer Kirche, sondern um ein Schweineherz im sakralem Raum! Wenn Sie das als Kunstwerk bezeichnen wollen, außerhalb der Kirche sehe ich dann überhaupt kein Problem. Aber in der Kirche, im Altarraum ein Schweineherz, das geht gar nicht.
Herr Bischof Glettler, was Sie hier zu verantworten haben, könnte kein Glaubens- und Kirchenhasser toppen!
Sie missbrauchen die hl. Fastenzeit!
Sie missbrauchen die alte Tradition der Fastentücher!
Sie missbrauchen den geweihten Sakralraum der Kirche!
Und Sie missbrauchen auch die Kunst!
Dass Sie das Gespür und den Ernst der Lage dafür verloren haben, ich weiß nicht was mich mehr erschüttert, das Bild im Sakralraum der Kirche oder Ihre Einstellung und Kommentare wie unter anderem in dieser Antwort.
In diesem Zusammenhang Ihren Fastenhirtenbrief über Versöhnung mitzuschicken, kann man auch eigentlich nur noch als Verhöhnung der Unterzeichner und des gläubigen Volkes verstehen. Das kommt mir vor wie eine Täter-Opfer-Umkehr! Das scheint mir noch schlimmer, als wenn der Putin einen netten Brief über Versöhnung den Ukrainern schreiben würde, und dann enttäuscht sei, über die Uneinsichtigkeit und Unversöhnlichkeit des ukrainischen Volkes. Wie wäre es, wenn Sie Ihren eigenen Hirtenbrief an sich selber anwenden würden!!!
Ihre Ankündigung, das Schweineherzbildnis frühzeitig abzuhängen kann man wohl nur als taktische Finte betrachten und nicht als Einsichtigkeit. Dass Sie das Fastentuch nicht über Ostern hängen lassen würden, war wohl klar. Aber es hängt ja immer noch. Land läufig würde man da von einem „falschen Hund“ sprechen. (Die Assoziationen zum „Schwein“ möchte ich an dieser Stelle lieber nicht ausformulieren.) Was würden Sie sagen, wenn einer jemand vergewaltigt und man sagt dem Vergewaltiger, dass das nicht geht und der sagt dann: „Nur noch eine Stunde, dann höre ich eh auf damit.“
Wie gesagt, kein Glaubens und Kirchenhasser könnte Sie noch toppen!
Das hat meinerseits nichts mit Herzensenge zu tun und ich bin auch kein verbitterter Mensch und Pfarrer, der hier seinen Frust ablassen will. Meine Verantwortung vor Christus und der Kirche und die Sorge um Ihr Seelenheil und das vieler Menschen, für die Sie als Bischof Verantwortung tragen und die Sie ohne Not so vor den Kopf stoßen, drängt mich dazu. Haben Sie sich eigentlich nie Gedanken darüber gemacht, was eine Schweine-Herz-Darstellung (Kunst hin oder her) in heiligem Raum nicht nur bei gläubigen Christen und Katholiken, sondern auch bei gläubigen Juden und Muslimen auslösen kann?
Wie man selbstredend als Herz-Jesu-Verehrer nun auch noch zum Schweine-Herz-Verehrer werden kann, entzieht sich bei all dem immer noch meiner Erkenntnis, daher fordere ich Sie auf, wie es schon so viele andere getan haben, den immer noch vorhandenen Missbrauch der Fastenzeit, den Missbrauch des Fastentuches, den Missbrauch des Sakralraumes, den Missbrauch von Kunst zu beenden und das Schweineherz an besagter Stelle umgehend und sofort abnehmen zu lassen. Vielleicht ist es Ihnen ja selbst auch möglich – was Sie mir unten schreiben – „ein wenig mehr zuzulassen (an Glaubenssinn des gläubigen Volkes), als man selber versteht“!
In vorzüglichster Hochachtung, aber mit großer Betroffenheit
Pfarrer Michael Pritz
Kirchplatz 4
6352 Ellmau
Zum besseren Verständnis anbei das vorangegangene Schreiben des Bischofs:
Sehr geehrte Unterzeichner der CitizenGO Petition!
Ich ersuche Sie höflich, von dieser 8meiner Meinung nach9 unnötigen Empörung über ein zeitgenössisches Meditationsbildes Abstand zu nehmen. Frage: Woher haben Sie eigentlich Ihre Information – und mit welcher Begründung können Sie derart hart über eine Initiative urteilen, deren Motivation und Umfeld Sie nicht kennen? Ist es wirklich zu viel, wenn in einer von 400 Kirchen in Tirol für die 40 Tage der Fastenzeit ein heutiges Kunstwerk hängt?
Im Anhang schicke ich Ihnen den Text, den alle Besucher/innen der Citykirche in Innsbruck lesen können. Vermutlich war niemand von den hier unterzeichnenden Personen bisher in der besagten Kirche. Ich schlage vor, dass wir respektvoller miteinander umgehen. Vielleicht ist es möglich, ein wenig mehr zuzulassen, als man selber versteht. Die meisten Beter/innen, die in die Spitalskirche kommen, verweilen betend bei Seitenaltar vor dem großen spätgotischen Kruzifix und zünden eine Kerze bei der Ikone der „Muttergottes vom Guten Rath“ an. Niemand, der es nicht möchte, muss sich mit der Fotoarbeit auseinandersetzen.
Vielleicht können Sie mir auch erklären, warum Herz-Jesu-Verehrer, zu denen ich mich auch zähle, mit dieser Darstellung verletzt würden. Nochmals: Lesen Sie bitte den Text im Anhang und überlegen Sie, wo es nötig wäre, Herzensenge zu überwinden, Versöhnung einzuüben und wirkliche Begegnungen zu ermöglichen. Es geht um Herzensenge, die nur durch Versöhnung überwunden werden kann. Deshalb auch angehängt mein diesjähriger Fastenhirtenbrief. Ich bitte Sie um eine Lektüre.
Mit herzlichen Grüßen und Segenswünschen – und in jedem Fall ein herzliches Dankeschön für Ihr Gebet!
Bischof Hermann Glettler
P.S noch ein Buchtipp: Bitte lesen Sie diese gute Hinführung zur Herz-Jesu-Verehrung in Tirol – ein vielseitiges, geistliches Lesebuch.