Wort des Tages- Stellt das Licht auf den Leuchter!
Gedanken zum Evangelium vom Donnerstag der dritten Woche.
Fest des Heiligen Thomas von Aquin, 28. Jänner 2021 – Mt 1,21-25
Liebe Leser der Pfarrhomepage! Liebe Kinder des Lichtes!
Im heutigen Evangelium ist eine sehr schöne, zugleich nicht einfache und oft auch missverständliche Formulierung enthalten.
Jesus sagt: „Zündet man etwa ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber oder stellt es unter das Bett? Stellt man es nicht auf den Leuchter?“ (Mt 4, 21)
Diese Stelle ist ein Aufruf zum Bekenntnis: Das Licht, das wir von Gott empfangen, auf den Leuchter zu stellen. Ein Licht das nicht auf dem Leuchter steht, kann nicht wirken, es erfüllt seine eigentliche Aufgabe nicht, es wird dem nicht gerecht, was es ist. Entweder es steht am Leuchter oder es ist umsonst!
Was verstehen wir unter dem Licht?
Was dürfen wir jetzt unter dem Licht verstehen?
Das Licht ist zunächst Jesus selbst. Er sagt von sich: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt (…) wird das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12). Der Apostel Johannes schreibt: „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt. (Joh. 1,9).
Aber nicht nur Jesus ist das Licht. Er selbst sagt den Jünger in der Bergpredigt: „Ihr seid das Licht der Welt“ (Mt 15). Bei der Taufe sagt der Priester nach dem Anzünden der Taufkerze: „Christus, das Licht der Welt, hat euer Kind erleuchtet. Es soll als Kind des Lichtes leben, sich im Glauben bewähren und dem Herrn und allen Heiligen entgegengehen, wenn er kommt in Herrlichkeit.“ Das heißt also: Jeder Getaufte ist ein Kind des Lichtes. Er hat dieses große Geschenk, das Licht bekommen. Jeder Getaufte ist berufen, Christus zu bekennen, also das wahre Licht auf den Leuchter zu stellen, seinen Glauben, das Geschenk Gottes, zu bekennen und durch sein Taten dieses Licht zu bezeugen, also auch selbst Licht zu sein. Weil die Taufe ein so großes Geschehen ist, deshalb bin ich nicht bereit, eine Taufe einfach aufzuschieben, weil ich niemanden dieses Licht vorenthalten möchte.
Dieses Licht betrifft natürlich unmittelbar die Kirche, in der Christus, das Licht wirkt, weil sie Christus, das Licht, den Menschen bringen soll und als Zeichen und Werkzeug des Heils den Menschen helfen soll, Kinder des Lichtes zu sein.
Das Licht auf den Leuchter stellen
Was bedeutet es nun, das Licht auf den Leuchter zu stellen? Es bedeutet einmal, das Licht nicht zu verstecken. Jesus bekennen, zu seiner Kirche stehen, sich als Gläubiger nicht in die Privatsphäre zurückdrängen lassen. Das Licht auf den Leuchter stellen, bedeutet auch, durch sein Handeln, durch die Taten ein Licht geben, d. h. Orientierung vermitteln und motivieren zum Glauben und zum Leben aus dem Glauben, eben zur Nachfolge.
Das Licht auf den Leuchter stellen, heißt nicht, mit seinen Eigenschaften, Taten und Errungenschaften zu glänzen, sondern den Herrn, Sein Licht durchscheinen zu lassen. Je demütiger der Mensch ist, desto mehr kann das wahre Licht in der Welt durch ihn leuchten. Die Demut kommt aus dem Bewusstsein, dass man das Licht nicht aus sich hat, sondern vom Herrn empfangen hat, um es anderen weiterzugeben. Genau dadurch wird man durchlässig für Sein Licht.
Ich denke mir oft als Pfarrer bei der Gewissenserforschung, dass ich durch Fehler, Schwächen und Nachlässigkeiten ein Hindernis sein kann, dass andere glauben. Im Grunde genommen gilt dies aber für jeden Christen. Jeder Getaufte ist gerufen, als Vorbild andere anzuziehen, anderen Licht zu werden und nicht Hindernis zu sein. Deswegen stellt sich jedem Christen immer wieder die Frage. Inwieweit bin ich Licht oder verweigere ich mich dem. Man kann nicht neutraler Beobachter sein.
Was passiert, wenn das Licht nicht auf den Leuchter gestellt wird?
Jetzt stellt sich die Frage: Was passiert, wenn wir das Licht nicht auf den Leuchter stellen? Wenn wir z. B. Christus relativieren, die von ihm gestifteten Sakramente nicht mehr beachten, wenn wir die Kirche als bloße religiöse Vereinigung betrachten, wenn wir sie nur von ihrer Nützlichkeit für die Gesellschaft definieren, wenn wir unser eigenes Bekenntnis vernachlässigen, das Leben nicht mehr nach dem Glauben orientieren? Die Antwort ist ganz einfach.
Dann verlieren wir das Licht, es entgleitet uns, es wird uns weggenommen. Wenn wir das Licht nicht auf den Leuchter stellen, dann entzieht uns der Herr die Führer und die Schutzengel, dann entzieht er uns das Licht der Wahrheit selbst. Er stellt den Leuchter weg. Dann sind wir anderen Mächten, darunter auch solchen, die nicht aus Fleisch und Blut sind, überlassen. Dann fallen wir in eine Dunkelheit, die viel größer ist als die Dunkelheit des Heidentums vor Christus. Das Neuheidentum, eine Gesellschaft von abgefallenen Christen wird in eine unendlich tiefe Not, Einsamkeit und Verzweiflung fallen – der Vorhof der Hölle.
Erzbischof Georg predigte einmal im Blick auf die geistige Situation: Es ist so dunkel, dass viele die eigene Hand vor den Augen nicht mehr sehen! Oft denke ich mir, was würde dieser mutige Bekenner heute sagen? Würde er noch Worte finden, um das heutige Geschehen auszudrücken? Wenn Gott uns das Licht entzieht, dann sind wir Ausgelieferte. Wir sind der Welt ausgeliefert, unseren eigenen Trieben, und dem Widersacher, dem Ankläger, dem Vater der Lüge.
Das Phänomen der Spaltung
In der letzten Zeit habe ich in vielen Gesprächen die Meinung gehört: Das größte Problem in der gegenwärtigen Krise ist für mich die Spaltung unter den Menschen, sogar in der eigenen Familien können wir über diese Dinge nicht mehr reden, ohne dass es ein „Gstritt“ gibt. Sehr, sehr viele Menschen leiden unter dieser Spaltung, die auch im Inneren der Kirche da ist.
Warum ist es so weit gekommen? Warum ist es überhaupt so?
Wenn man selbst im Familienkreis nicht mehr reden kann, dann muss dies einen tieferen Grund haben. Ich versuche einige aufzuzählen.
– Ein Grund ist, wenn Angst im Spiel ist, dann ist eben eine vernünftige Diskussion nicht mehr möglich. Und diese Angst wurde und wird kräftig geschürt.
– Ein anderer Grund ist, dass es sich um Fragen handelt, wo man allein im Dunkeln tappt und auf viele Informationen angewiesen ist, die ganz konträr gegeben werden, daher die große Verwirrung.
– Ein noch tieferer Grund ist der, dass es um Dinge geht, die sehr stark das Gewissen im Menschen betreffen. Um dieses zum Schweigen zu bringen, wird man leicht aggressiv oder emotional. Wenn jemand in seinem Innersten spürt, dass etwas faul ist, dann aber das verdrängt, weil er sich nicht ändern will oder weil er gegen den Strom schwimmen müsste und sich dann einfach der herrschenden Meinung unterordnet, dann stellt er lieber das Licht unter den Scheffel.
– Ein Hindernis ist der Stolz. Man will nicht zugeben, dass man sich geirrt hat oder man will andere verteidigen, weil man sich immer mit einer gewissen Richtung identifiziert hat.
– Man hält krampfhaft an einer Hoffnung fest, obwohl man im Innersten längst spürt, dass sie nicht eintreffen wird.
– Die Spaltung, so scheint es mir, geht deshalb so tief, weil es doch mehr mit dem Glauben zu tun hat, als manche meinen. Wenn das Licht fehlt, dann hat der Verwirrer eben frei Bahn.
Wie soll man sich als Kind des Lichtes in dieser Spaltung verhalten?
– Es ist einmal wichtig, dass man vernünftig und demütig ist und auch so argumentiert, geduldig zuhört und manchmal einfach schweigt.
– Dann ist es wichtig, die tieferen Gründe zu verstehen, warum jemand so oder so reagiert. Man muss sich im Klaren sein, dass es Situationen gibt, wo man mit vernünftigen Argumenten nichts erreichen kann.
– Es kann einem auch helfen, an später zu denken. Die Wahrheit hat ein Sein und wird am Ende immer siegen, auch wenn die Lüge momentan übermächtig zu sein scheint. Alles, was aus der Lüge kommt, wird früher oder später aufgedeckt werden.
– Aggressionen, Abwertungen und Verleumdungen soll man in Liebe ertragen und versuchen, mit Liebe zu beantworten.
– Erkennen, dass die Spaltung deshalb da ist, weil jetzt das geschieht, was Jesus im heutigen Evangelium sagt: „Es gibt nichts Verborgenes, das nicht offenbar wird.“ Es kommt jetzt vieles heraus, das unter der Oberfläche schon längst da war.
Manchmal denke ich mir, ob wir nicht auf eine Situation zugehen, die Jesus im Evangelium beschreibt, wenn der die Jünger zum furchtlosen Bekenntnis aufruft und dann sagt: „Brüder werden einander dem Tod ausliefern und Väter ihre Kinder, und die Kinder werden sich gegen ihre Eltern auflehnen und sie in den Tod schicken.“ (Mt 10,21 f).
Wer hat, dem wird dazugegeben
Wir leben sicher in einer Zeit, die es noch nie gab. Es gibt deshalb keinen wirklichen Vergleich. Erstmals ist die Welt wirklich global. Es gibt Möglichkeiten der Beeinflussung, die es noch nie gab. Der Glaubensabfall hat dramatische Formen angenommen. Die Krise innerhalb der Kirche ist beispiellos.
Vor diesem Hintergrund ist noch ein Satz im heutigen Evangelium wichtig. Jesus sagt. „Wer hat, dem wird dazugegeben. Wer aber nicht hat, dem wird auch das noch genommen, was er hat.“ (Mt 4,25).
Das ist eine sehr ermutigende Aussage. Wer sich auf Gott einlässt, wer standhaft bleibt, wer Gott, den Glauben, die Kirche, die Sakramente nicht unter den Scheffel stellt, dem wird dazugegeben. Jetzt vollzieht sich eine Scheidung der Geister. Jetzt ist zwar vieles betrüblich, zugleich kann man aber sagen: Jetzt gibt es viel mehr Möglichkeiten, heilig zu werden!
Wer die Kirche dem Staat unterordnet, das persönliche Bekenntnis dem Zeitgeist, das Seelenheil der Gesundheit, die Wahrheit der Lüge etc. dem wird auch das weggenommen, was er hat.
Ist dieses Wegnehmen nicht schon voll im Gange?
Wer Gott hat und ihm treu bleibt, dem wird alles andere dazugegeben und er darf die ewige Glückseligkeit erwarten. Wer Gott verläßt, kann vielleicht die ganze Welt gewinnen, aber nur für kurze Zeit, und dann steht er vor dem Nichts.
Deshalb bleiben wir nahe beim Herrn, unserem Licht!
Euer Dekan
Ignaz Steinwender