Wort des Tages – In IHM bleiben
Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben
Es gibt im Leben Momente, die man nicht vergisst, dies können auch gewisse Worte sein. Im heutigen Evangelium war das Gleichnis vom Weinstock zu hören (Joh 15,1-8). Immer wenn ich diese Worte lese, dann denke ich an Berlin, wo wir mit einem Bus von Gläubigen mit Papst Benedikt am 22. September 2011, dem Tauftag des Seligen Engelbert Kolland, die Papstmesse im Sportstadion mitfeiern durften. In diesem Gleichnis sagte Jesus den Jüngern und auch uns, wer wir sind und was dies für unser Leben bedeutet.
Unsere Identität
Der Weinstock ist ein wunderbares Bild für die Lebenskraft, auch für Schönheit und Dynamik der Gemeinschaft Jesu mit den Jüngern, und es ist ein Bild für unsere Identität. Wenn Jesus sagt: „Ich bin der Weinstock, ihr seid dir Reben“, dann sagte er: Wir sind mit IHM verbunden. Wir hängen an IHM. Durch IHN sind wir aber auch unsichtbar miteinander verbunden. Diese Verbindung kann auch durch kein Social Distancing getrennt werden. Das heißt, wir gehören zu Gott. Wir sind von seiner Art. Und in IHM gehören wir als Kirche zusammen. Wir sind das grundsätzlich durch die Taufe, durch den Glauben. Diese Verbindung ist lebendig in der Kirche. Denn, wenn wir zu ihm gehören, dann gehören wir auch zusammen, und zwar in einmaliger Weise. Unsere tiefste Identität ist die Zugehörigkeit zu IHM und damit auch zur Kirche. Wenn jemand das versteht oder erahnt, dann wird er sich freuen, dass er Glied der Kirche sein darf. Und diese Freude wird ihm helfen, den Glauben, diese Verbindung mit Jesus lebendig zu leben. Deshalb sagt der Heilige Augustinus: „In dem Maß, wie einer die Kirche liebt, hat er den Heiligen Geist!“
Entscheidung und Entschiedenheit des Christen
Im Gleichnis vom Weinstock wird ein zweifaches deutlich. Es geht darum, Früchte bringen und gereinigt zu werden, um mehr Frucht zu bringen, d.h. zu wachsen. Dies erfordert jedoch eine bewusste Entscheidung und einen Weg der Entschiedenheit. Die Rebe ist dazu da, dass sie Frucht bringt. Wenn sie Frucht bringt, wird sie gereinigt, damit sie mehr Frucht bringt. Dazu gibt es keine Alternative. Die Alternative hieße, verdorren und ins Feuer geworfen zu werden.
Eine Rebe, die Frucht bringt, blüht auf, sie wird das, wozu sie bestimmt ist. Durch die Taufe sind wir Kinder Gottes geworden. Im Leben sollen wir diese Kindschaft entfalten. Es gibt Früchte des Heiligen Geistes. Diese sind Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Bescheidenheit, Enthaltsamkeit und Keuschheit. Frucht bringen können wir aber nur, durch IHN, von IHM her. Jesus sagt: Ohne mich könnt ihr nichts tun? Alles, was nicht aus der Verbindung mit IHM geschieht, wird nicht fruchtbar. Ein Mensch kann vorübergehend Großes bewirken, aber ohne IHN wird alles einmal wie ein Kartenhaus einstürzen. Ohne IHN geht uns die Luft aus, ohne IHN wird das, was wir tun, nicht wirklich gelingen. Im persönlichen Leben und im Leben der Kirche.
Die Rebe, die Frucht bringt wird gereinigt. Die Reinigung ist ein schmerzlicher, aber notwendiger Vorgang. Wir würden gerne aus uns selbst Frucht bringen, wir würden es gerne ohne Reinigung tun, aber das geht nicht. Reinigen bedeutet: Unnützes abschneiden, Schlacken entfernen, es heißt auch, um die Beziehung zu Jesus ringen. Frucht bringen und gereinigt werden bedeutet auch: Das Glaubensleben ist etwas Lebendiges, es ist immer auch ein Kampf. Wer nicht kämpft, der fällt automatisch zurück. Wer kämpft, ist schon in einer lebendigen Verbindung. Es gibt in diesem Punkt keinen Mittelweg, ein verbürgerlichtes, gemütliches Christentum ist kein Christentum! Es kann auch keinen Bestand haben. Wer im Glauben nicht wächst, verdorrt und wird am Ende ins Feuer geworfen. Vielleicht sind wir momentan kirchlich in einer Übergangsphase. Es kommen manche Prüfungen daher. Die Geister scheiden sich. Alles, was nicht wirklich aus IHM ist, wird künftig vielleicht wegfallen. Christen sollen sich entscheiden und als entschiedene Christen leben.
In IHM bleiben
Die Kirche ist der Ort, wo wir mit IHM verbunden werden, wo wir in der Verbindung mit IHM leben. Die Kirche hilft uns, in IHM zu bleiben. Das wichtigste heutzutage ist das Bleiben, die Treue, die Standhaftigkeit. In IHM bleiben gelingt sicher am besten in der regelmäßigen Eucharistiefeier. Die Kirche lebt von der Eucharistie. Jeder Christ lebt von der Eucharistie.
Vielleicht hat das plötzliche, noch nie dagewesene Wegfallen von öffentlichen Messfeiern manchen Christen mehr bewusst gemacht, was die Messe eingentlich ist, nämlich keine Selbstverständlichkeit und nicht einfach ein alter Brauch, sondern wirklich eine Quelle und auch ein Gipfel unseres Tuns.
Mit euch in Christus verbunden
Ignaz Steinwender