Wort des Tages – Wachsamkeit

Wort des Tages – Wachsamkeit

Seid nüchtern und wachsam!!!!!

In der heutigen Lesung heißt es aus dem Petrusbrief: „Seid nüchtern und wachsam. Der Teufel geht herum wie ein brüllender Löwe und versucht, wen er verschlingen kann.“

Wenn man die gegenwärtige Situation ansieht, dann kann man drei Akteure sehen. Gott ist am Werk, denn Gott ist immer am Werk, er trägt die Schöpfung, er ist geistlich am Werk durch die Gnaden, die von ihm ausströmen. Der Teufel ist auch am Werk. Er ist fleißig, wie es im Volksmund heißt, er schläft nicht. Und noch etwas ist wichtig. Jeder von uns ist auch am Werk. Wir sind Ebenbilder Gottes, wir haben einen freien Willen. Es hängt vieles davon ab, wie wir diesen gebrauchen, was wir jetzt eben tun.

Ich bin überzeugt, dass hinter vielem die Vorsehung Gottes ist, der auch aus Unheilsituationen wie zB  aus einem Krieg Gutes hervor wachsen lassen kann, ich bin überzeugt, dass auch der Böse in einer vielleicht nie dagewesenen Weise am Werk ist. Gerade deshalb ist das Schriftwort des heutigen Tages sehr aktuell. Seid nüchtern und wachsam.

Man kann diesen Satz in zweierlei Hinsicht betrachten. Wachsam sein für etwas und wachsam sein gegenüber einer  Gefahr, einer Versuchung.

Ein nüchterner Mensch ist der, der einen klaren Blick hat für die Wirklichkeit. Sein Blick ist nicht getrübt durch eine Sattheit, durch Trunkenheit, durch innere Blockaden, durch psychologische Hemmungen, durch Ichverhaftetheit. Er sieht die Wirklichkeit so, wie sie ist, eben nüchtern, klar, realistisch.

Wachsam sein für Gott, das eigene Heil und den Mitmenschen

Wir Menschen sollen vor allem für zwei Dinge wachsam sein, für das Ziel unseres Lebens und für die unmittelbare Gegenwart. Beides schließt sich nicht nur nicht aus, sondern beides ist wichtig. Wir sollen als Kinder Gottes ganz auf das Ziel ausgerichtet sein und zugleich ganz in der Gegenwart leben. Wenn wir das tun, dann berühren wir in der Gegenwart die Ewigkeit.

Wachsam sein für das Ziel heißt: Ich bin unterwegs durch dieses Leben, ich bin ein von Gott Gerufener durch die Taufe, mein Ziel ist der Himmel. Auf dieses Ziel hin ist das Leben ausgerichtet. Das Wichtigste in meinem Leben ist, dass ich die Vollendung bei Gott erreiche. Das heißt ich arbeite in diesem Leben daran, dieses Ziel immer klarer zu erkennen und immer entschiedener darauf zuzugehen. Dies ist keine Vertröstung auf das Jenseits, sondern gerade dadurch ergibt sich die notwendige Wachsamkeit für die Gegenwart. Das klare Ziel hilft auch, dieses Leben erfüllt zu leben.

Ich soll wachsam sein für die Gegenwart, das heißt einerseits für das, was für meine Seele wichtig ist, und ich soll ein waches Gespür haben für den Nächsten, für die Not des Menschen, die leibliche und die geistliche, für den Anruf Gottes, für Aufgaben in dieser Welt.

Wachsam sein vor Gefahren

Man soll wachsam sein gegenüber Versuchungen. Manche werden sich fragen. Was ist eine Versuchung? Katharina von Siena unterscheidet drei Ursachen der Versuchung, nämlich die Welt, das Fleisch und den Teufel.

Ich frage manchmal bei Eheseminaren, ob sie sich vorstellen können, dass es jemand gibt, der sie wieder auseinanderbringen möchte? Die Antwort ist klar: Der Teufel will es mit Sicherheit. Er ist der Diabolus. Er will Verwirrung stiften, er will Beziehungen, die in Gott geordnet sind, auseinanderbringen. Er will zwischen Menschen Missverständnisse, Unfrieden und Hass säen. Wenn jemand das weiß, dann hat er schon fast gewonnen. Wenn jemand sich dessen nicht bewusst ist, kann der Teufel leichter arbeiten.

Manche werden sich fragen, was ist eine Versuchung, ich merke da gar nichts. Dies könnte ein Alarmzeichen sein. Der Heilige Pfarrer von Ars hat einmal gesagt: „Die schlechten Christen lässt der Teufel in Ruhe; niemand beachtet sie. Wer aber das Gute tut, den macht der Teufel zur Zielscheibe des Spottes und der Verleumdungen. Das ist ein Anlass zu großen Verdiensten.“  Gerade Heilige haben oft sehr starke Versuchungen erlebt und durchlitten. Gott hat sie zugelassen, damit sie dadurch innerlich stärker, gefestigter und im Glauben tiefer verankert werden. Niemand kann im Glauben wachsen ohne innere Kämpfe! Was gibt es also für Gefahren? Die größte Gefahr ist die, dass der Mensch von seinem eigentlichen Ziel, von Gott abgelenkt wird, dass er nicht mehr glaubt, dass er nicht mehr vertraut, dass er die Mittel zu diesem Ziel außer Acht lässt. Der brüllende Löwe will jemanden verschlingen. Der Teufel will uns vereinnahmen, damit wir dieses Ziel verlieren. Dies kann geschehen durch ständigen Lärm, durch Berieselung, durch Ablenkung, durch Fixierung auf nebensächliche Dinge, durch ungeordnete Bindungen an vergängliche Güter, an Geld, an Ehre, an Macht.

Im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Krise fällt mir in erschreckender Weise auf, wie manipulierbar, beeinflussbar viele Menschen, besonders auch Intellektuelle sind.

Hindernisse zur Wachsamkeit

Man könnte hier auch fragen, was den Menschen daran hindert, wachsam zu sein. Was trübt in uns diese Wachsamkeit? Hier einige Beispiele:

–          Ein Sprichwort sagt: Der Müßiggang ist aller Laster Anfang. Der Müßiggang setzt dem Menschen sozusagen leichter vielen Versuchungen aus. Das wirksamste Gegenmittel ist ein aktives Leben zur Ehre Gottes.

–          Die Ichbezogenheit. Wenn ein Mensch auf sich bezogen ist in Richtung Narzissmus, dann beurteilt er die Welt nur von sich aus. Was bringt mir das, was nützt mir das? Was hab ich davon? Dadurch sieht er die Wirklichkeit nur aus diesem Blickwinkel. Er verliert Gott aus den Augen, er sieht nicht mehr, was für sein Heil wichtig ist und er übersieht die Not der Anderen. Das eigentliche Laster der Ichbezogenheit ist der Stolz, der den Menschen verblendet.

–          Die Angst nimmt dem Menschen die Sicht vor der Wirklichkeit. Er ist fixiert auf ein wirkliches oder vermeintliches Übel und das macht ihn unfähig, die Wirklichkeit ganz wahrzunehmen. Er ist in seinem Handeln ganz auf die Vermeidung dieses Übels fixiert.

–          Ein Hindernis für die Wachsamkeit ist auch die Unvernunft und der fehlende Hausverstand. Wenn Menschen Zusammenhänge nicht erfassen können, dann sind sie manipulierbar, verführbar und lenkbar.

Was fördert die Wachsamkeit

Es gibt viele wichtige Dinge, die die Wachsamkeit im Menschen fördern können.

–          das erste wäre einmal die Glaubensbildung und die weltanschauliche Bildung. Wer die übernatürlichen Dinge erkennt, klar sieht, wer das Ziel kennt und über die Mittel und den Weg Bescheid weiß, der kann wachsam durch das Leben gehen. Wer ein Geschichtswissen hat, kann viel leichter und objektiver die Gegenwart beurteilen und auch Gefahren erkennen.

–          das zweite wäre die Demut. Ein Mensch, der aus dem Bewusstsein lebt, dass er sich selbst verdankt, dass er ein Geschöpf ist, der wird vor Versuchungen leichter gefeit sein.

–          das dritte ist das Gebet. Das Gebet schützt den Menschen vor Versuchungen. Es vertieft die Beziehung zu Gott und erleuchtet den Menschen. So kann er wacher werden und Versuchungen leichter erkennen.

–          das Leben im Augenblick ist auch wichtig für die Wachsamkeit.

Wie arbeitet der Böse?

Der Böse ist ein guter Psychologe. Es gibt ein Buch „Dienstanweisung für einen Unterteufel“ von C. S. Lewis. Darin beschreibt dieser auf eine sehr fein psychologische Weise, wie ein Teufel versucht, seine Klienten vom „Feind“ (von Gott) wegzubringen.

Der Teufel arbeitet in erster Linie durch die Lüge, durch Verdrehungen, durch Übertreibungen, durch Verallgemeinerung. Dabei kommt der Teufel selten mit einer reinen Lüge, er sagte viel Wahres, aber darunter mischt sich eben eine Lüge, er kommt normalerwiese unter dem Anschein des Guten. Er will dem Menschen ein gutes Gewissen machen, wenn er sündigt und ein schlechtes Gewissen, wenn er Gutes tut.

Widerstand leisten

Der Apostel Paulus sagt über den Teufel: Leistet ihm Widerstand in der Kraft des Glaubens. Der Glaube an Gott gibt Kraft, er stärkt den Menschen zum Widerstand, zum Standhalten, zum Weiterschreiten. Der Glauben erhält besondere Nahrung durch die Sakramente. Hier fließt die Kraft Gottes.

Für Christen ist es ganz wichtig, dass sie ihr Glaubensleben eben als Kampf verstehen. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Mein euer Dekan

Ignaz Steinwender