Wort des Tages – An jene, die Unrecht leiden

Wort des Tages – An jene, die Unrecht leiden

An Euch, die ihr Unrecht leidet!!

Einleitung

Ich habe die Überschrift gewählt, an euch, die ihr Unrecht leidet. Ich denke jetzt an Euch, an sehr viele von Euch, weil ich der letzten Zeit durch viele Gespräche erfahren habe, dass ihr leidet, dass ihr unter Situationen leidet, die eigentlich auf Grund eines Unrechtes da sind. So möchte ich euch an dieser Stelle einmal mitteilen, dass ich darum weiß, dass ich diese Situationen in jeder Messe einschließe, dass ich mich in einigen wenigen Fälle bemühen kann, um eine Lösung, dass ich aber in der Regel nur versuchen kann, in geistiger Weise das Leiden mitzutragen, einzelne in ihrer Situation zu stärken und auch zum Einsatz für das Recht zu motivieren. Morgen möchte ich mich an jene wenden, die Unrecht tun oder verursachen.

Ein alter Rechtsgrundsatz lautet. Suum cuique. Jedem das Seine. Das heißt, nicht jedem das Gleiche, sondern jedem das Seine, das, was ihm zusteht.

Am Schluss möchte ich versuchen, euch einige Anregungen zu geben, wie man Unrechtssituationen bewältigen kann.

Seit Wochen sind die Medien voll von Corona. Wieviel Infizierte gibt es, wieviel davon sind krank, täglich werden Todeszahlen geschildert. Alles dreht sich um Corona. Im Vergleich dazu hört man wenig bis nichts über die sogenannten Kollateralschäden. Wieviele Menschen müssen viele Dinge erleiden, weil man eine offenbar unmittelbar bevorstehende Gefahr bannen will. Möglicherweise kommt der Berg, vor dem wir uns angeblich befinden, aber gar nicht. Das bleibt zunächst dahingestellt. Hier möchte ich einmal einige Unrechtssituationen anführen.

Eltern:

Viele Eltern sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt. Sie sollen jetzt den Unterricht ihrer Kinder bewältigen. Es sind große Anforderungen und Überforderungen da, weil neben praktischen Herausforderungen wie der Platzaufteilung im Haus oder der Nutzung des Computers, wenn mehrere Kinder und vielleicht noch ein oder beide Elternteile im Homeoffice zusammenarbeiten sollen. Dazu kommt noch die Belastung des Rund-um-die-Uhr-Zusammenseins, die neben manchen aktuellen Sorgen an den Nerven zehrt.

Kinder:

Besonders schwierig ist es jetzt auch für manche Kinder, die keine adäquate Lernunterstützung erhalten und außerhalb des normalen schulischen Umfelds weiter zurückfallen werden. Eine Patin erzählte mir, dass ihr Patenkind in einem staatlichen Heim keine Besuche empfangen kann. Das hat tiefe traumatische Auswirkungen! Auch die Trennung von den Freunden oder den Großeltern belasten viele Kinder sehr!

Alte Menschen:

Viele ältere Leute leiden darunter, dass sie nicht besucht werden dürfen, das erleben sie oft  viel schwerer, als ihre Altersbeschwerden. Es wird immer wiedersprüchlicher, wenn man alles für die Alten tut, indem man sie konsequent einsperrt. Die Isolation führt nicht selten zu Schwermut und einem Abbau noch vorhandener Fähigkeiten, der möglicherweise irreversibel ist. Dafür müssen viele Alte noch moralische Zurechtweisungen ihrer überängstlichen Kinder ertragen, die nicht verstehen können, dass bestimmte Risiken zum Leben dazu gehören.

Kranke:

Viele Kranke leiden darunter, dass sie nicht zum Arzt gehen dürfen. Viele mussten eine Operation oder eine Vorsorgeuntersuchung verschieben, während gleichzeitig viel Krankenpersonal auf Kurzarbeit ist. Experten warnen bereits vor dieser Art von Kollateralschäden? Sind die sonst so empfohlenen Krebsabstriche oder Magenspiegelungen plötzlich nicht mehr so wichtig? Vermutlich wird es keine Statistik darüber geben, wie viele Todesfälle durch unterlassene Untersuchungen oder Eingriffe verursacht werden.

Sterbende:

Ein ganz schweres Unrecht erfahren manche von Euch, die ihr im Sterben seid. Es ist ein schlimmes Leid, wenn ein Mensch alleine, ohne Beistand sterben muss. Die höchste Form ist dabei, wenn ein Priester nicht kommen darf, um dem Sterbenden die Tröstungen der Kirche, die Sakramente der Krankensalbung, der Beichte und der Wegzehrung zuteil werden zu lassen. Das ist ein ganz schweres Unrecht gegen die Religionsfreiheit.

Unternehmer:

Ich denke hier auch an viele Unternehmer, die ich vor Augen habe. Sie sind in schwierige Situationen geraten. Sie müssen vielleicht Arbeiter entlassen, die lange treu gewirkt haben, weil plötzlich Aufträge wegfallen, oder sie werden hart angegriffen und als Lebensgefährder beschimpft, weil sie den Betrieb aufrechterhalten haben, zum Wohle der Allgemeinheit. Manche sind vielleicht von einer Pleite bedroht. Viele wissen nicht, wie es weitergehen soll.

Gläubige:

Viele Gläubige erleiden momentan ein Unrecht. Sie würden gerne zur Sonntagsmesse gehen, aber die Türen sind verschlossen. Jemand hat mir gesagt: Du, wäre es nicht einfach möglich, in einem Baumarkt die Messe zu feiern, denn dort dürfen ja die Leute hineingehen? Viele Angehörige würden gerne nach dem Begräbnis auch eine Messe feiern, aber es darf nicht sein! Es ist ein schweres Unrecht, dass die Bischöfe nicht um religiöse Rechte gekämpft haben, möglichweise haben sie nicht einmal verhandelt, um kreative Lösungen zu finden. Sie haben übereifrig die Abschaffung religiöser Möglichkeiten betrieben und hinken jetzt hinten nach bei der Wiederzulassung. Die Hirten haben die Herde im Stich gelassen und sind noch beleidigt, wenn sie Bittbriefe bekommen.

Arbeitslose:

Ich denke auch an jene, die plötzlich ihre Arbeit verloren haben oder schwere Einbußen beim Einkommen erlitten haben. Oft leiden sie unter Zukunftsängsten, materiellen Sorgen oder dem Gefühl der Nutzlosigkeit.

Jene, die durch den Rost fallen:

Ich denke jetzt an viele, die durch den Rost fallen, die keine Förderungen bekommen, wenn ihr Einkommen ausfällt, die nicht berücksichtigt werden bei den staatlichen Hilfen, es ohne sie aber kaum schaffen.

Die Kritiker:

Großes Unrecht widerfährt heute Kritikern. Ich habe manche Fachleute gehört, die nüchtern, vernünftig, sachlich argumentieren, die man aber nicht zu Wort kommen lässt, die in den Medien verunglimpft werden und die man abstempelt. Ich habe zufällig eine Diskussion im Fernsehen gesehen, da durfte ein Arzt zwar reden und er sagte, dass er von Fakten ausgehe. Als er dann etwas nicht Korrektes sagte, hat ihm ein angeblicher Wissenschaftler gesagt: Das dürfen sie nicht sagen, sonst sind sie ein Lebensgefährder! Wer heute widerspricht, wird wie ein Ketzer behandelt! Es fehlen nur noch die Scheiterhaufen!

Verängstigte:

Viele von euch haben Angst. Ich denke mir, dass diese Angst oft geschürt wurde, durch mediale Bilder, durch Zahlenspiele, durch Wiederholung von einseitig berichteten Fakten, die aus dem Zusammenhang gerissen sind, durch Unterdrückung von Gegenmeinungen, durch vorauseilenden Gehorsam usw. Ihr habt Angst und jetzt wird eure Angst missbraucht. Die Angst der Menschen macht sie unfrei und ist ein schlechter Ratgeber, der zu irrationalen Entscheidungen führen kann. Der Ängstliche büßt ungemein viel an Lebensfreude ein.

Drei großen Formen des Unrechtes – drei Formen der Gewalt

Es wären hier noch viele Gruppen anzuführen, aber ich möchte es einmal damit bewenden lassen. Ich will aber noch ganz allgemein drei besondere Formen des Unrechtes hervorstreichen.

1)      Das Unrecht, dass die kommende Generation für die momentan beginnende Wirtschaftskrise die Rechnung bezahlen wird müssen. Die Wirtschaft wurde praktisch an die Wand gefahren. Was über Jahrzehnte aufgebaut wurde, ist jetzt aufs Spiel gesetzt worden!

2)      Die Einschränkung der Meinungsfreiheit und die Verhinderung eines vernünftigen Dialoges. Sehr oft werden Menschen, auch Fachleute, die vernünftig argumentieren und zum Beispiel für eine Verhältnismäßigkeit der Abwehrmittel eintreten, mit der Keule “Lebensgefährder” niedergeprügelt. Das ist deswegen ein schweres Unrecht, weil man damit einen vernünftigen Dialog, vernünftige, gute und gerechte Lösungen verhindert.

3)      Ein letztes Unrecht ist geistlicher, spiritueller Natur, das vielleicht nicht jeder verstehen wird. Ich sage es trotzdem, weil ich es sagen muss. Die Hirten der Kirche versäumen es, die Menschen zur Umkehr aufzurufen. Nicht nur das, sie beschwichtigen die Leute mit anbiedernden Äußerungen, wie “Gott straft nicht” usw. Dabei wäre eine Umkehr Not-wendig, denn davon hängt der Verlauf der weiteren Entwicklung maßgeblich ab. Wenn keine Umkehr erfolgt, dann wird es noch dicker kommen und es wird auch, in Verbindung mit der Entfernung geistiger Schutzschilder, die Kraft fehlen, das sowieso Kommende zu bewältigen!

Was können wir tun, wenn wir Unrecht erleiden?

Abschließend möchte ich euch Anregungen geben, was ihr tun könnt, wenn ihr Unrecht leidet.

–          Zunächst eine spirituelle Erkenntnis, die helfen kann: Unrecht erleiden ist besser, als Unrecht zufügen. Wer Unrecht zufügt oder verursacht, der schadet seiner Seele mehr als derjenige, der Unrecht erleidet. Und: Es gibt ein Gericht Gottes!! Wenn man beschimpft wird, weil man für das Recht eintritt, dann gilt das Wort Jesu: Selig sind die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden! Wer Unrecht tut, nicht bereut und umkehrt, wird dem Gericht verfallen!

–          Man soll Unrecht als Unrecht benennen. Man darf laut sagen, dass es ein Unrecht ist, wenn wichtige Behandlungen aufgschoben werden, wenn man die Wirtschaft an die Wand fährt und damit vielen schadet, wenn die Gottesdienste radikal abgedreht werden,….Sagt es den Verantwortlichen, ruft die die Zeitung an, schreibt einen Leserbrief!

–          Steht denen bei, die Unrecht leiden! Es ist ein Werk der Barmherzigkeit!

–          Lernt, mit der Ohnmacht umzugehen! Gott hilft euch dabei!

–          Die Starken müssen die Schwachen tragen, die Furchtlosen die Ängstlichen, die Glaubenden die Zweifler, die …….

–          Betrachtet die Situation als Übung für manches, das kommen wird!

–          Wichtig ist es auch, dass man immer auch ehrlich überlegt, ob man nicht da oder dort, vielleicht sogar im guten Glauben oder auch unbewusst, selbst Unrecht tut. Ja, wenn einer meint, er ist ganz gerecht, dann soll er gleich seinen Stolz beichten. Gerade dann, wenn wir spüren, dass wir anderen da oder dort die Liebe schuldig bleiben, dass wir auf die Barmherzigkeit Gottes angewiesen sind und diese brauchen, dann werden wir sensibler für das Recht anderer.

Für Christen sind natürlich alle geistlichen Mittel zu empfehlen. Das Gebet, die Sakramente, gute Werke, freiwillige Verzichte im Geist von Buße und Sühne.

Abschließend noch ein Tipp. Wenn ein Christ jetzt in der Osterzeit (diese dauert ja 50 Tage, also bis Pfingsten) an die Auferstehung denkt, an das neue Leben, dass jetzt schon beginnt, dann kann er leichter Unrecht wegstecken, weil es ihm nicht um sich selbst geht, weil er ohnehin nur Gast auf Erden ist, er kann erlittenes Unrecht sogar als Mittel der Erlösung einsetzen, um dem Herrn, näher zu sein.

Unser religiöses Logo ist das Kreuz. Im Kreuz erkennen wir, dass der Herr alles Unrecht auf sich genommen hat, um uns vor Gott gerecht zu machen. IHM dürfen wir alles übergeben! Dann ist nichts unmöglich!!!

Eine Eigenschaft erscheint mir noch sehr wichtig. Eine Eigenschaft, die sich in Krisenfällen immer bewährt hat, eine Eigenschaft, die Mächtige immer gefürchtet haben, der Humor. Bewahrt Euch den guten, gesunden Humor, pflegt ihn jetzt besonders.

Euer um Gerechtigkeit bemühter aber auch selbst manchmal ungerechter Pfarrer

Ignaz Steinwender