Wort des Tages – Brief an Peter

Wort des Tages – Brief an Peter

Lieber Peter!

Wie du ja wissen wirst, gibt es seit einiger Zeit keine öffentlichen Messen mehr und auch Hausbesuche durch den Pfarrer sind nicht erlaubt. Deshalb habe ich einige Briefe geschrieben an verschiedene Gruppen, an die Erstkommunikanten, an die Alten, an die Einsamen, an die Firmlinge usw. Jetzt darf ich seit einiger Zeit auch Dich nicht besuchen. So ist mir der Gedanke gekommen, auch Dir einen Brief zu schreiben. Eigentlich hätte ich dies schon lange tun sollen, aber irgendwie passt es auch, dass ich dir gerade jetzt in der Karwoche schreibe.

Ich schreibe Dir, lieber Peter weil ich sehr oft an Dich denke, weil du in meinen Gebeten oft gegenwärtig bist, weil ich als Pfarrer an Deinem Weg Anteil nehme. Ich schreibe Dir aber auch deshalb, weil ich überzeugt bin, dass gerade Du für die Pfarre viel tust und Dein Weg eine Botschaft für die Pfarre ist, und ich schreibe Dir, weil ich Dir sehr viel verdanke.

Anteil an Deinem Weg

In den letzten Wochen hat unsere Regierung den Menschen viele Beschränkungen auferlegt. Die Bewegungsfreiheit wurde ein geschränkt, die Versammlungsfreiheit ist eingeschränkt, es soll keine sozialen Kontakte geben, Firmen haben vorübergehend zugesperrt, Menschen haben den Arbeitsplatz verloren. Das Allerschlimmste ist jedoch, man hat die öffentlichen Gottesdienste verboten, nur mehr im kleinsten Kreis und eingeschränkt sind Dinge noch möglich.

Das, was viele Menschen jetzt als Einschränkung erleiden, kommt dir vielleicht ganz seltsam vor. Du bist nun schon seit über zwei Jahren in besonderer Pflege, zuerst in der Klinik Innsbruck, wo Ärzte um Dein Überleben gekämpft haben, dann in Zirl und die längste Zeit in Hall.

Wir haben alle zu Essen und können essen, du kannst nicht essen, wir können uns eingeschränkt bewegen, du brauchst überhaupt eine Hilfe zum Bewegen. Vor Tagen haben mir Leute erzählt, dass es im Fernsehen Bilder gab von Coronapatienten, die kaum Luft bekamen. Da dachte ich an Dich. Du erlebst fast täglich ähnliche Situationen. Viele Menschen müssen jetzt zu Hause bleiben. Du darfst seit zwei Jahren nicht nach  Hause, nur manchmal für einige Stunden, Du würdest nichts lieber als einfach zu Hause sein. Ich denke mir oft, die Beschränkungen, die viele Menschen seit einigen Wochen haben, sind überhaupt nichts im Vergleich zu dem, was Du seit zwei Jahren mit ganz großer Geduld, mit Hilfe Deiner Frau Monika annimmst und trägst.

Weil ich Dich kenne, weil ich öfter mit Deiner Frau rede, deshalb kann ich all diese Dinge wie von einer höheren Warte aus betrachten. Jetzt denke ich noch öfter an Dich und mir kommt der Gedanke: Durch das, was dein Schicksal dich gelehrt hat und durch dein tapferes Annehmen deines Kreuzes, kannst du uns allen ein guter Ratgeber sein, du kannst jetzt viele ermutigen, manchen ihre Sorgen kleiner machen. Und ich glaube, du tust es!!!

Du tust viel für die Pfarre

Ich weiß nicht mehr, ob Du vor einigen Jahren beim Goldenen Samstag beim Gottesdienst warst, als Weihbischof Hansjörg bei der Predigt einen Spruch vom verstorbenen Prager Kardinal Tomaschek zitiert hat: Wer für die Kirche arbeitet, tut viel, wer für die Kirche betet, tut mehr, wer für die Kirche leidet, tut am meisten.

Ich meine, dass ich vielleicht ein bisschen ahnen kann, wie du leidest, aber ich würde es nicht wagen, so einfach darüber zu reden. Wie es dir im tiefsten Inneren ergeht, wissen nur zwei Personen – nur Du und Gott. Jetzt, durch die Coronakrise, hast du noch mehr zu leiden, weil Behandlungen ausgesetzt werden und das Personal größeren Belastungen ausgesetzt ist. Vor allem aber ist es ein großer Schmerz, dass deine Gattin dich momentan nicht mehr besuchen darf. Monika hat mir erzählt, dass Du gerne ein Kreuz in der Hand hast. Es ist Sein Kreuz, dass Kreuz des Heilands, der für uns gelitten hat. Du bist IHM ganz nahe und ich bin mir sicher, dass Dein Leiden zwar unsichtbar, aber eine große unmittelbare Wirkung hat. Als Pfarrer denke ich mir oft, wenn irgendetwas in der Pfarre gelingt, dann deswegen, weil im Hintergrund jemand gebetet hat oder weil jemand sein Leiden Gott dafür geschenkt hat. Deswegen bin ich überzeugt: Gott weiß, was er durch Dich für die Pfarre tut!

Danke für Vieles!

Lieber Peter! Durch manche Besuche bei Dir und auch durch Gespräche mit Deiner Frau ist mir viel mehr als bisher bewusst geworden, was eine christliche Ehe ist, was es wirklich heißt, eins zu sein, was es heißt einander zu lieben, zu achten und zu ehren, was es heißt, treu zu sein in guten und bösen Tagen. Es gab in diesen zwei Jahren wohl nur wenige Tage, an denen Deine Monika nicht zu Dir gefahren ist, obwohl sie zu Hause noch ganz für die Pflege Deiner Mutter aufkommt. Da kann ich nur sagen: Seht, wie sie einander lieben. Mir ist auch aufgefallen, wie gut Euer Verhältnis zu den Nachbarn ist, etwas ganz, ganz Schönes. Oft, wenn ich von einem Kurzbesuch von Dir nach Hause fuhr, habe ich mir gedacht: Jetzt könntest du dich einmal mehr zusammenreißen, oder ich war plötzlich von manchen nebensächlichen Problemen geheilt. Wenn ich gesehen habe, wie heroisch du im gewöhnlichen Alltag kämpfst, dann hat mich das irgendwie beschämt und zugleich ermutigt.  Mir ist oft noch viel mehr bewusst geworden, dass das Leben ein Geheimnis ist, dass es nicht darauf ankommt, was jemand kann oder leistet

Lieber Peter! Ich danke Dir einfach für Vieles! 

Auf Ostern zugehen!

Lieber Peter! Du hast oft nicht gewusst, wie es weitergeht, ob es überhaupt geht, ob es eine Besserung gibt, du hast sicher viel geweint und geistige Kämpfe ausgetragen. Du kannst jetzt vielen Menschen, die nicht weiterwissen eine ganz große Hilfe sein. Einfach weil Du bist!

In der Karwoche beten manche den Kreuzweg, sie denken an das Leiden des Herrn. Im Blick auf dieses Leiden werden manche gestärkt, manche kehren um, manche wachsen in der Liebe. Ich möchte Dir auf Deinem Weg viel Mut zusprechen. In deinem Kreuz bist Du IHM ganz nahe! 

Du erlaubst mir sicher, dass ich diesen Brief auf die Hompage gebe. Dadurch können viele Gläubige durch Deinen Weg Mut schöpfen, Dich im Gebet einschließen und mit Dir auf Ostern blicken!

Im Gebet mit dir und allen Kranken besonders verbunden

Ignaz Steinwender